: A 100 stoppen
Die Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) engagiert sich seit 2003 intensiv gegen den geplanten Ausbau der A 100, die von Neukölln über Treptow bis nach Friedrichshain hineinführen soll
■ Regelmäßige Treffen
Die Bürgerinitiative Stadtring Süd Berlin (BISS) trifft sich jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19 Uhr in Treptow, Plesser Str. 4.
Die nächste Sitzung findet am 13. Oktober 2010 statt.
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AnwohnerInnen und KleingärtnerInnen aus Treptow, Neukölln und Friedrichshain müssen sich zurzeit wieder mehr Sorgen über die drohende Verlängerung der A 100 machen: Erst stimmte die SPD Ende Juni mit einer knappen Mehrheit von fünf Stimmen auf ihrem Landesparteitag für das Bauvorhaben im Südosten der Innenstadt, dann erklärte Staatssekretärin Hella Dunger-Löper Ende September im Abgeordnetenhaus, dass das Planungsverfahren so gut wie abgeschlossen sei und der nötige Verwaltungsbeschluss noch vor Jahresende folgen könne (taz berichtete). Wird das Projekt tatsächlich beschlossen und die Stadtautobahn, die momentan noch in Neukölln endet, ausgebaut, so bedeutete das nicht nur, dass Wohnhäuser abgerissen und Kleingartenkolonien geschlossen würden, auch das Verkehrsaufkommen würde in den angrenzenden Kiezen steigen, während unzählige Bäume grauem Beton weichen müssten.
Trotzdem ist Birte Rodenberg von der Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) optimistisch: „Noch ist nicht aller Tage Abend“, sagte sie in einem Gespräch mit der taz. Immerhin sei der Baubeschluss noch nicht gefasst, weshalb es wichtig sei, weiter zu protestieren. Die BISS engagiert sich seit 2003 intensiv gegen den Bau der A 100 zum Treptower Park und wünscht sich für Berlin ähnliche Verhältnisse wie in Stuttgart. In der süddeutschen Stadt gibt es seit Ende August einen massiven Bürgerprotest gegen den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs Stuttgart 21.
Lange bevor die Planungsunterlagen für die A 100 im Frühjahr 2009 offengelegt wurden, nahm die BISS ihre Arbeit auf, setzte sich mit der Thematik auseinander und sammelte Argumente. „Das ist extrem wichtig, um auf hohem Niveau mit dem Senat diskutieren zu können“, sagte sie.
Wenn die Politik zum Beispiel behauptet, die A 100 würde neue Arbeitsplätze schaffen, kann die Initiative argumentativ dagegenhalten: „Maximal während der Errichtung der A 100 wird es neue Arbeitsplätze in der Baubranche geben“, sagte Rodenberg. Zudem holte die BISS Gutachten ein, die belegen, dass die Elsenbrücke, die als Anschlussstelle fungieren soll, durch das erhöhte Verkehrsaufkommen absolut überlastet werden würde. Schon heute staut es sich in der Rushhour jeden Tag auf der Elsenbrücke.
Neben einer detaillierten Auseinandersetzung mit der rechtlichen Situation versucht die BISS natürlich auch, die Betroffenen in den Protest einzubeziehen und öffentlichkeitswirksame Aktionen durchzuführen. Um die AnwohnerInnen zu ermutigen, ihre Sorgen über das Projekt zu äußern, erstellte die BISS eine Zeitung, in der sie nicht nur über die Folgen des A 100-Ausbaus informierte, sondern auch einen Vordruck für ein Einspruchsschreiben abdruckte. Das Resultat dieser Zeitung, die in alle Briefkästen der betroffenen Kieze geworfen wurde: Über 2500 BürgerInnen gaben während der sogenannten Auslegungsphase ihre Stimme ab. „So viel wären es sonst nicht geworden, da viele Formalien berücksichtigt werden mussten“, erklärte Rodenberg. Am Ende dieser Auslegungsphase organisierte die BISS dann eine Demonstration mit 2.000 TeilnehmerInnen.
Zudem setzt die BISS auf Bündnisarbeit. Ihr wichtigster Partner ist der BUND Berlin, über den das Spendenkonto läuft und der später stellvertretend für die BISS und Betroffene gegen den Autobahnbau klagen will. Andere Verbündete sind die Grüne Liga und viele andere Verkehrs- und Umweltinitiativen, aber auch autobahnkritische Vertreter in den Berliner Parteien. Zuletzt beteiligte sich die Initiative am Megaspree-Sternmarsch.
Da auch die BISS nur begrenzte personelle Kapazitäten hat und die Aktiven zudem im Berufsleben stehen, freut sich die Initiative immer über Leute, die mithelfen wollen. An Arbeit mangelt es nicht: So sucht die BISS nach Leuten, die sie bei der Spendenkampagne unterstützen oder die sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern wollen. Dazu gehöre es, Infostände zu organisieren und Materialen zu verteilen. Auch eine Online-Petition sei denkbar. Aktuell versucht die Initiative zum Beispiel, auf die Situation der KleingärtnerInnen aufmerksam zu machen, deren Verträge im Februar 2010 unrechtmäßig gekündigt wurden. „Der Senat hat kein Recht dazu, bevor der Planfeststellungsbeschluss nicht steht.“ Für diesen braucht die SPD aber die Stimmen ihres Koalitionspartners, der Linken. Diese hält jedoch geschlossen an ihrem Nein zum Bau der teuersten Autobahn Deutschlands fest.
Da der Beschluss noch nicht gefasst wurde, ist für die BISS klar: „Politisch haben wir jetzt noch immer Chancen“, sagte Rodenberg. Deshalb sei es wichtig, den Druck aufrechtzuerhalten oder gar zu verstärken, nur so könne der massive Eingriff, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in das Berliner Stadtbild plant und den sie durch eine Entlastungslüge rechtfertigt, verhindert werden.
LUKAS DUBROW