: Gutes Spiel, schlechter Sponsor
Der Kreuzberger Fußballverein Türkiyemspor darf nicht mehr für den privaten Wettanbieter totobet werben. Der Oberligist befürchtet „finanzielle Zwickmühle“
Bisher hat es kein Gegner geschafft, Türkiyemspor in der Oberliga zu bezwingen. Nach fünf Partien in der aktuellen Spielzeit stehen 11 Punkte auf dem Konto der Kreuzberger, die eher im unteren Mittelfeld der Tabelle erwartet worden waren. Doch jetzt droht dem Verein eine Niederlage, ohne dass die Mannschaft auch nur einen Fuß auf den Spielplatz gesetzt hätte.
In einem Schreiben vom 31. August 2006 unterrichtet der Berliner Fußball-Verband (BFV) seine Vereine, dass sie zukünftig nicht mehr für private Wettanbieter werben dürfen. Damit setzt der BFV ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März über private Zockerfirmen um. Für die Kreuzberger ist die Anordnung der Dachorganisation eine Hiobsbotschaft.
„Jetzt haben wir ein echtes Problem“, klagt Bahri Özkan, Vorstandsmitglied bei Türkiyem. Denn der Club hatte im Frühjahr einen Sponsorenvertrag mit dem privaten Wettanbieter totobet.de über ein Jahr ausgehandelt und kurz vor Beginn der Spielzeit 2006/2007 feierlich unterzeichnet. Seitdem läuft das erfolgreiche Team aus dem Viktoriapark mit dem Schriftzug „totobet.de“ auf der Trikotbrust ins Stadion ein.
Bei Unterzeichnung des Sponsorenvertrages hieß es von Seiten der Kreuzberger damals, der BFV sei von dem sich anbahnenden Deal mit dem Wettanbieter aus England in Kenntnis gesetzt worden. Weil eine Antwort des Verbandes ausgeblieben sei, so verlautet aus Türkiyem-Kreisen, sei man von einer stillschweigenden Zustimmung des BFV zu der Partnerschaft zwischen Kickergilde und privater Zockerfirma ausgegangen. Ein Irrtum, wie sich nun herausstellt.
Der BFV fühlt sich nicht veranwortlich für Türkiyems Dilemma. Bis zum 30. September soll der Oberligist das totobet.de-Logo von den Trikots nehmen. Präsident Bernd Schultz verweist darauf, erst nach Saisonbeginn eine Anordnung des Berliner Landesamtes für Bürgerdienste und Ordnungsaufgaben zum Werbeverbot für private Wettanbieter erhalten zu haben. „Wir können den Vereinen nicht großartig helfen“, sagt er mit Bedauern. Schultz rät Türkiyemspor, Kontakt zum Landesamt aufzunehmen, um sich die Legalität des Sponsors attestieren zu lassen.
Türkiyemspor prüft rechtliche Schritte gegen das verhängte Werbeverbot für totobet.de. Denn der Club sieht sich in eine gefährliche finanzielle Zwickmühle gedrängt, wie Vorstandsmitglied Özkan erklärt: „Totobet will unser Sponsor bleiben. Wenn wir die Zusammenarbeit vorzeitig beenden, müssten wir unserem Hauptsponsor 45.000 Euro bezahlen. Andererseits droht uns das Landesamt mit 25.000 Euro Strafe, wenn wir mit Werbung für totobet auflaufen. Wir können weder das eine noch das andere bezahlen.“
Cetin Özaydin, Chef des Förderkreises bei Türkiyemspor, kritisiert das Vorgehen gegen private Wettanbieter im Sport scharf: „Wetten sind nicht verboten. Hier wird mit aller Macht versucht, ein staatliches Monopol zu schützen, teilweise gespickt mit moralischen Argumenten. Verwunderlich, dass der staatliche Anbieter [Lotto Berlin; d. Red.] weiterhin als Partner des Berliner Fußballs fungieren darf.“
Der Wettdeal ist aber nicht das einzige Problem der Kreuzberger. Auch das heimische Katzbachstadion bleibt gesperrt. Daher wurde das Heimspiel gegen den SV Germania 90 Schöneiche in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark verlegt und bereits am 22. September ausgetragen.UWE EBENHÖH