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Archiv-Artikel

Erdbeben in Babelsberg

LÄNDERSPIEL Weil sich der türkische Nationalspieler Arda Turan verletzt und am Freitag gegen Deutschland wohl nicht antreten kann, ist die Sportpresse am Bosporus „schockiert“

„Das Fehlen von Arda wiegt schwer für die Türkei“

Michael Skibbe, Trainer von Eintracht Frankfurt

VON TOBIAS SCHÄCHTER

Am Dienstag war Toni Schumacher zu Besuch in Brandenburg. Südlich von Potsdam, im Hotel Resort Schwielowsee, bereitet sich die türkische Nationalmannschaft auf das EM-Qualifikationsspiel am Freitag gegen Deutschland in Berlin vor. Der ehemalige deutsche Nationaltorwart traf dort viele alte Bekannte, die er aus seiner Zeit bei Fenerbahce Istanbul kennt. In der Saison 1990/91 war Schumacher Kapitän des türkischen Spitzenklubs und Guus Hiddink sein Trainer. Der Torwart aus Deutschland und der Trainer aus Holland blieben in Kontakt. Nun erfüllte Schumacher einem krebskranken Jungen einen Herzenswunsch mit der Visite bei der türkischen Nationalmannschaft, deren Trainer seit Sommer Guus Hiddink heißt.

Angesichts des Schicksals des Jungen klingen Schlagzeilen, wie sie gestern in den türkischen Zeitungen nach der Verletzung des türkischen Nationalspielers Arda Turan zu lesen waren, übertrieben. Am Dienstagnachmittag musste Arda das Training abbrechen, er sank ohne Fremdeinwirkung auf den Rasen im Karl-Liebknecht-Stadion von Babelsberg. Eine schwere Adduktorenverletzung wird den 23 Jahre alten Offensivspieler von Galatasaray Istanbul das Spiel am Freitag kosten. Wenn keine Wunderheilung erfolgt, wird er vermutlich sechs Wochen ausfallen. Wahlweise von einem „großen Schock“ oder einem „Erdbeben“ war deshalb zu lesen. Die Euphorie in der türkischen Fußballszene vor dem Spiel gegen die Deutschen erhielt durch die Verletzung Ardas einen Dämpfer. 1:1 stehe es nun, meint mancher Kommentator, weil auch Deutschland nach dem Ausfall von Bastian Schweinsteiger auf einen seiner wichtigsten Spieler verzichten muss.

„Das Fehlen von Arda wiegt schwer für die Türkei“, sagt auch Michael Skibbe, der Trainer von Eintracht Frankfurt. Skibbe kennt Arda sehr gut aus seiner Zeit als Trainer von Galatasaray in der Saison 2008/09. Schon damals hatte der nur 1,71 Meter große Arda Angebote von Klubs aus den großen europäischen Ligen, erzählt Skibbe. Arda ist ein spektakulärer Spieler, der im Klub und in der Nationalmannschaft an guten Tagen von der linken Außenbahn kommend die gegnerischen Abwehrreihen vor Rätsel stellt. In der Türkei ist Arda ein Star. Einen Namen machte er sich durch seine starken Auftritte bei der EM 2008. Einen Spieler mit ähnlicher Spielweise findet sich in Hiddinks Kader nicht. In den beiden ersten Qualifikationsspielen gegen Kasachstan (3:0) und gegen Belgien (3:2) erzielte Arda zwei Tore, gegen Belgien machte er den Siegtreffer. Spannend, wie Hiddink auf den Ausfall seines trickreichen Offensivspielers reagieren wird. Ohnehin befindet sich der Holländer personell und taktisch noch in der Findungsphase. In seinen beiden ersten Pflichtspielen begann Hiddink mit einem 4-5-1-System, gegen Belgien stellte er auf ein 4-4-2 um.

Möglich, dass nun Nuri Sahin zum Zuge kommt. In den beiden ersten Pflichtspielen stand der derzeit bei Borussia Dortmund überragend spielende Sahin nicht auf dem Spielberichtsbogen der türkischen Auswahl. Sein Dortmunder Trainer Jürgen Klopp lästerte deshalb: „Wenn sich die Türkei das erlauben kann, scheint es denen ja verdammt gut zu gehen.“

Hiddink kenne die Spieler noch nicht so gut, „vielleicht ist der Ausfall Ardas ja auch eine Möglichkeit für ihn, seine Mannschaft noch besser kennenzulernen“, sagt Michael Skibbe. Für Skibbe haben die Türken vor allem auf der Torwartposition Probleme. Am Freitag wird wohl wieder Volkan das Tor hüten. Der Mann von Fenerbahce fällt seit Jahren durch grobe Fehler auf. Volkan fehlte zuletzt verletzt, sein Vertreter Onur von Trabzonspor patze gegen Belgien. Auch das ist ein Problem, für das Hiddink bis Freitag eine Lösung finden muss.