: Rechte machen Bezirke unsicher
NPD und „Republikaner“ entsenden in insgesamt fünf Bezirksparlamente Abgeordnete – darunter sind auch gewaltbereite Rechtsextreme
von Jonas Moosmüller
Auch in Berlin haben rechtsextreme Parteien am Sonntag den Sprung in die Parlamente geschafft. Die NPD überwand in vier Bezirken die für Bezirkswahlen geltende Dreiprozenthürde. In Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Neukölln ist sie künftig in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vertreten. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus steigerte sich die NPD im Vergleich zu 2001 von 0,9 auf 2,6 Prozent der Zweitstimmen. Auch die „Republikaner“ – die sonst kaum noch existent sind – waren erfolgreich: In die Pankower BVV entsenden sie einen Bezirksabgeordneten. Sie dürften hier von der Auseinandersetzung um den geplanten Bau einer Moschee profitiert haben.
Bianca Klose von der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) spricht von einem „ernstzunehmenden Erfolg der Rechtsradikalen“. Der NPD sei es auch im Westen gelungen, eine Wählerschaft anzusprechen, die ihre menschenverachtende Ideologie akzeptiere und die sich auch von den zahlreichen Gewaltexzessen der Partei nicht abschrecken lasse. Sorgen bereitet der Rechtsextremismusexpertin, dass sich in Berlin ein rechtes Stammwählerpotenzial entwickelt habe, das weit über bloße Protestwähler hinausgehe: „Der NPD ist es gelungen, sich als vermeintlich demokratische Partei zu inszenieren“, sagte Klose.
Unter den NPD-Abgeordneten befinden sich sowohl altbekannte Gesichter der rechten Szene als auch relativ unbekannte Nachwuchskräfte. So ziehen in Treptow-Köpenick, wo die NPD ihre Bundeszentrale unterhält, mit Udo Voigt und Eckart Bräuniger der Bundes- und der Landesvorsitzende der NPD in die BVV ein. Vor allem Bräuninger habe eine „einschlägige Vorgeschichte“, heißt es vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz). Der Landesvorsitzende habe sich unter anderem in Kroatien als Söldner verdingt, unterhalte enge Kontakte zur Rechtsrockszene und stehe für eine kameradschaftsnahe Politik in der NPD. „Seine Klientel sind ganz klar die Gewaltbereiten“, sagt Ulli Jentsch vom apabiz. Er wehre sich auch nicht gegen die Einschätzung des Verfassungsschutzes, der ihn als gewaltbereiten Politaktivist bezeichnet.
Auch Jörg Hähnel und Manuela Törnhardt, die in der BVV Lichtenberg Platz nehmen werden, gehören zu den bekannten Berliner Rechten. Der aus Frankfurt (Oder) stammende Hähnel gelte als wichtiges Bindeglied zwischen Kameradschaftsszene und NPD. In Neukölln, wo die NPD erst im vergangenen Jahr einen Kreisverband gegründet hatte, ziehen laut Jentsch mit dem Maurer Thomas Vierk und dem aus der Bikerszene stammenden Jan Sturm „relativ junge, frische Leute“ in die BVV ein. Über sie sei wenig bekannt.
Wie stark sich die Rechtsextremisten in den BVVs engagieren würden, könne er nur schwer einschätzen, sagte Jentsch. Es sei jedoch schwer vorstellbar, dass Leute wie Hähnel nun „Anträge zur Parkraumbewirtschaftung“ stellen würden.
Bianca Klose befürchtet, dass NPD und „Republikaner“ die Bezirksparlamente vor allem „als Bühne für rechtsextreme und antidemokratische Provokationen“ nutzen werden. Auch wenn sich der politische Einfluss der Rechten in den Bezirksparlamenten in Grenzen hält, können die Rechtsextremen nun über Fraktionsräume, Ausschusssitze und Fraktionsgelder verfügen. „Das verschafft den lokalen rechtsextremen Parteistrukturen einen entscheidenden logistischen Vorteil gegenüber den vergangenen Jahren“, so Bianca Klose.