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Archiv-Artikel

Weißwurst auf Kunstrasen

Die Hockey-Nationalspieler feiern ihren Sieg im WM-Finale ausgiebig. Bundestrainer Bernhard Peters hat sich derweil schon verabschiedet. Sein Nachfolger soll im Oktober ernannt werden

Künftig jedes Jahrein Topereignisim Hockey-Park von Mönchengladbach

aus mönchengladbach daniel theweleit

Er habe „extrem gefeiert“, berichtete Torhüter Uli Bubolz am Vormittag nach dem triumphalen 4:3-Sieg im Finale der Hockeyweltmeisterschaft in Mönchengladbach mit krächzender Stimme. Eine wilde, lange Party „mit Freunden, Familien und Fans“ habe sich dem Titelgewinn angeschlossen, erzählte der Berliner und das große Gelage war längst nicht beendet, als die letzten Spieler um fünf Uhr morgens ins Bett taumelten. Am gestrigen Mittag wollte die Mannschaft sich zu einem gemeinsamen Weißwurstfrühstück am heiligen Ort, auf dem Kunstrasen der Mönchengladbacher Hockey-Arena, einfinden. Die großen Momente sollten noch einmal zurückkehren in die Köpfe der Spieler.

Wie Bubolz im Halbfinale gegen Spanien zwei Siebenmeter pariert hatte zum Beispiel, oder wie Christopher Zeller, der seinem Ruf als Mann für die ganz wichtigen Momente einmal mehr gerecht geworden war bei dieser WM, den fantastischen Siegtreffer im Finale erdribbelte. Auch die letzten Sekunden des Endspiels, als die Zuschauer die Sekunden herunterzählten und Philipp Crone seine Mitspieler „wie BSE-Kranke“ über den Platz hüpfen sah, weil bereits klar war, dass die Zeit nicht mehr für ein australisches Tor reichen würde, gehören zu den Bildern, die mit Sicherheit bleiben werden. Bier hat es da natürlich auch wieder gegeben zu den Weißwürsten, die Hockeyspieler sind für ihre Ausdauer an der Flasche bekannt. Nur der scheidende Bundestrainer Bernhard Peters sagte schon unmittelbar nach dem Ende des Spiels am Sonntag: „Ich bin unheimlich müde.“

Er hat seine Aufgabe mit Bravour abgeschlossen, sprach mit einem Warsteiner in der Hand von „großartigen Momenten“ und wird sich nun erst mal gründlich ausruhen. Mit dieser jungen Mannschaft Weltmeister zu werden war ein Kraftakt, nach dessen Ende Peters kaum noch die Energie hatte, die Fragen der Journalisten zu beantworten.

Antworten auf Fragen sollen seit dem gestrigen Montag ohnehin andere geben. Und so bezeichnete Uschi Schmitz, die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Hockeybundes (DHB), dieses Turnier unabhängig vom sportlichen Erfolg als „Meilenstein“. Knapp 110.000 Besucher sahen sich die Begegnungen im Mönchengladbacher Hockeypark an, dessen Geschäftsführer Michael Hilgers gar von einem „medialen Urknall“ sprach. Zwar musste der DHB als Veranstalter des Turniers bei der Produktion der Fernsehbilder draufzahlen, doch das sonst so reservierte Hockey-Publikum war tatsächlich explodiert.

Auch der Weltverband war angesichts der Atmosphäre und der Organisation voll des Lobes für die zwölf Tage von Mönchengladbach. Nie sei die TV-Abdeckung bei einem Großereignis besser gewesen, ließ er mitteilen. Die 2002 ausgerufene „Veranstaltungsoffensive“ des DHB soll nun unbedingt fortgesetzt werden. Künftig wolle man jedes Jahr mindestens ein Hockey-Topereignis in Mönchengladbach austragen, so der Plan, und „da sind jetzt mal die Damen dran“, sagte Schmitz. Der DHB bewirbt sich um die Austragung der Champions Trophy und eventuell auch der Olympiaqualifikation 2008.

„Wir wollen, dass Hockey ein attraktiveres Produkt wird“, hatte Hockeyverbandspräsident Abel während des Turniers immer wieder gesagt. Dass dies zumindest vorübergehend gelungen ist mit dieser Weltmeisterschaft, darüber herrschte am Ende Einigkeit.

Allerdings kann der DHB sich keineswegs zufrieden zurücklehnen nach dieser von allen Seiten gefeierten Veranstaltung. Die besten deutschen Spieler wandern nämlich zunehmend ab in attraktivere Ligen, nach Holland oder Spanien, was einerseits an den besseren Verdienstmöglichkeiten und zum anderen an den sportlichen Herausforderungen liegt. Die deutsche Bundesliga hat im Schatten von Weltmeisterschaft und Frauen-Olympiasieg über die Jahre an Boden verloren.

Zudem muss der DHB nun den Verlust seines größten Stars, Bernhard Peters, kompensieren. Der wechselt bekanntlich die Sportart und wird Sportdirektor beim Fußballregionalligisten TSG Hoffenheim. Beharrlich verweigern die Funktionäre die Bestätigung, dass der derzeitige Frauen-Bundestrainer Markus Weise der favorisierte Kandidat für den Posten ist. Doch die Ankündigung, man werde den Peters-Nachfolger nach der Frauen-WM in Madrid (27. September bis 6. Oktober) präsentieren, deutet ebenso auf Weise hin wie die Tatsache, dass die Trainersuche sowohl mit den Nationalspielerinnen als auch mit den frisch gebackenen Weltmeistern besprochen wurde.