KLIMASCHUTZ: DER MARKT SCHAFFT KEIN BEWUSSTSEIN : Die Ökosteuer funktioniert fast zu gut
Erfreuliches ist wieder einmal vom Statistischen Bundesamt zu lesen. Trotz steigender Autozahlen ist der Spritverbrauch deutlich gesunken, seit vor sechs Jahren die Ökosteuer eingeführt worden ist. Von den 15 Prozent weniger Treibstoffabsatz gehen wohl zwei Drittel auf den Preis zurück, ein Drittel ist sparsameren Motoren zu verdanken. Ein Jammer, dass die rot-grüne Bundesregierung 1999 die Ökosteuer mit ihrer gemischten umwelt- und sozialpolitischen Ausrichtung so miserabel vermarktet hat. Ihre segensreiche Wirkung ist höchstens durch den Wegfall, durch das Nicht-Getankte ins Kollektivbewusstsein der Autonation zu transportieren. Aber wie soll das gehen? Die Erlöse aus der Ökosteuer senken auch den Rentenversicherungsbeitrag – aber das steht nicht einmal als individuell berechneter Vermerk auf den Steuerbescheiden.
Eigentlich muss die Ökosteuer fortlaufend weiter erhöht werden. Das ist bei dieser großen Koalition ein unmögliches Unterfangen. Aber immerhin: Verhaltenslenkung per Preis funktioniert. Zwar herrscht besonders beim zunehmenden Lkw-Verkehr noch erheblicher Handlungsbedarf. Auch beim Personenverkehr herrscht noch Spielraum: Selbst CDU-Länderchefs freunden sich langsam mit der Pkw-Maut an, die die Mobilitätsgesellschaft ebenfalls unterminiert. Aber insgesamt produziert schon allein die Ökosteuer bereits einen spürbaren Beitrag gegen das Klimaproblem.
Aber das wird nicht reichen. Gegen die Erderwärmung sind drastische Schritte und offene Diskussionen über Auflagen für die Industrieproduktion und das Verbraucherverhalten nötig. Fast funktioniert die Ökosteuer zu gut, weil sie zu still und zu leise wirkt, also niemandem weh tut. Seien es Steuern mit Lenkungswirkung, sei es der Handel mit Emissionzertifikaten, wenn er denn funktionieren würde – die unter Klimapolitikern so populären neuen marktkompatiblen Ansätze beschwören das Trugbild herauf, der Markt werde selbst den Treibhauseffekt in den Griff bekommen, wenn uns nur rechtzeitig die passenden Instrumente einfallen. Doch der Klimaschutz wird weh tun müssen, um wirksam zu sein. DIETMAR BARTZ