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Archiv-Artikel

Kunst im Klassenzimmer

Einst als Lobby für Künstler gegründet, engagiert sich der Rat der Künste jetzt für sein zukünftiges Publikum. Mit der „Offensive kulturelle Bildung“ will er eine Alternative zum Kunstunterricht schaffen. Die Kreativen sollen selbst lehren

Von Api

Nächste Woche wird im Ballhaus Naunynstraße zur „Offensive kulturelle Bildung in Berlin“ geblasen. Zwei Tage lang werden Künstler, Lehrer und Schulleiter in einer „Werkstatt-Konferenz“ mit Politikern und Verwaltungsangestellten über Alternativen zum herkömmlichen Kunstunterricht diskutieren.

Veranstaltet wird die Runde nicht etwa vom Bildungssenat, sondern vom Rat der Künste, einem Zusammenschluss Berliner Kulturinstitutionen. Der Rat wurde 1994 auf Initiative von Theatermacher Ivan Nagel gegründet, um die Interessen von Kulturschaffenden gegenüber den Kürzungsplänen der Politik zu vertreten. Größter Erfolg des Gremiums war 1999 die Einführung des Hauptstadtkulturfonds, danach geriet der Rat in Vergessenheit. Im März belebte ihn Matthias Lilienthal, der Leiter des Hebbel am Ufer, wieder.

In der zweiten Auflage scheint der Rat der Künste mehr als einen Generationswechsel durchlaufen zu haben. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die Vertretung eigener Interessen, sondern die Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung. „Nach der Neugründung führten wir heftige Diskussionen darüber, welche die wichtigsten kulturpolitischen Themen in der Stadt sind“, erinnert sich Dorothea Kolland, Leiterin des Kulturamtes Neukölln und bereits Mitglied im alten Rat. Ganz oben auf der Prioritätenliste standen bei den Mitgliedern Migration, Armut und kulturelle Bildung. Besonders der Nachwuchs soll von echten Künstlern geschult werden. „Der traditionelle Kunstunterricht leistet allenfalls eine Alphabetisierung in Sachen Kunst und Kultur“, sagt Kolland. „Künstler können ein ganz anderes Verständnis für Ästhetik wecken.“

Als mustergültig gilt das Schultanzprojekt „TanzZeit“ der Choreografin Livia Patrizi. Über 3.000 Kinder im Grundschulalter hat „TanzZeit“ mit Ausdrucksmitteln des modernen Tanzes vertraut gemacht und nebenher Beweglichkeit und Selbstbewusstsein gefördert. Leider sitzt „TanzZeit“ genau zwischen den Geldtöpfen von Bildung und Kultur. Die vom Kultursenat errungene Finanzierung mit 48.000 Euro jährlich endet im Dezember, wie es weitergeht, ist ungewiss. „Alle lieben mein Projekt“, klagt Patrizi. „Aber zuständig fühlt sich keiner.“ Auf der Konferenz in der Naunynstraße, hofft sie, werde man für Projekte wie ihres flexible Lösungen finden. Immerhin geht es den Kreativen auch darum, eine künftige Generation von Rezipienten und Produzenten heranzubilden. Api