Ausnahme als Regel

Bundesrat beschließt das Verbraucherinformationsgesetz. Grüne und Verbraucherschützer halten es für zahnlos

BERLIN dpa ■ Die Verbraucher in Deutschland sollen künftig besser über Gammelfleisch und andere Lebensmittelskandale informiert werden. Nach fünfjährigem Streit zwischen Bund und Ländern machte der Bundesrat am Freitag den Weg für das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) frei. Die Länderkammer stimmte trotz Bedenken mit großer Mehrheit zu. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einem Meilenstein: „Wir machen damit einen Riesenschritt zu mehr Markttransparenz und Verbraucherinformation.“

FDP, Linkspartei, Grüne und Verbraucherschützer halten das Gesetz allerdings für einen „zahnlosen Tiger“. Berlin stimmte dagegen. Einige Länder befürchteten verfassungsrechtliche Probleme. Der Bundestag hatte im Juni mit Mehrheit für das Gesetz gestimmt.

Als Konsequenz aus mehreren Fleischskandalen sollen Behörden dazu verpflichtet werden, bei Gesundheitsgefahren und Rechtsverstößen die Namen von Firmen oder Produkten zu nennen. Bisher lag dies im Ermessen der Behörden. „Schwarze Schafe“ können damit genannt werden, wenn Gammelfleisch am Markt ist, Lebensmittel falsch gekennzeichnet wurden oder Pestizid-Grenzen überschritten werden.

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn bezeichnete das Gesetz als Etikettenschwindel. „Der Name steht drüber, aber der Inhalt ist schlecht“, sagte sie dem Nachrichtensender n-tv. Höhn forderte eine Informationspflicht für Unternehmen und eine Ausweitung auf Produkte wie Elektrogeräte. Der FDP-Verbraucherpolitiker Hans-Michael Goldmann sprach von „Informationsverhinderung“. Auch die Linkspartei verlangte Korrekturen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hält das VIG für eine verpasste Chance. „In dieser Form wird es auch Gammelfleisch nicht verhindern“, sagte Verbandschefin Edda Müller. Die Verbraucher-Organisation Foodwatch überreichte dem Bundesrat mehr als 10.000 Unterschriften gegen das Gesetz. Es strotze vor Ausnahmen, und jede Information könne von Behörden und Wirtschaft verweigert werden, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warf den Gesetzgebern vor, Gammelfleischhändler würden geschützt.