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Archiv-Artikel

Grüne definieren links neu

In der Grünen-Fraktion bildet sich ein linker Flügel. Dazu zählen sich fast die Hälfte der 23 Abgeordneten. Sie formulieren Vorbehalte gegen eine mögliche rot-grüne Koalition

Jahrelang hat es die innerfraktionellen Flügelkämpfe bei den Grünen im Abgeordnetenhaus kaum mehr gegeben. Wozu auch? Eine Fraktion mit gerade einmal 14 Abgeordneten ließ sich leicht koordinieren. Und Flügelkämpfe waren passé. Das könnte künftig wieder anders sein. Wenige Tage nach dem Wahlsieg, bei der die Grünen die Zahl ihrer Abgeordneten auf 23 steigern konnten, hat sich am Freitagabend die Parteilinke als eigenständige Strömung reformiert.

Und diese Strömung hat’s in sich. Denn sie besteht keineswegs nur aus den in Friedrichshain-Kreuzberg gewählten Direktabgeordneten Heidi Kosche und Dirk Behrendt, die ihre Kritik am Verhandlungsstil der Parteiführung bereits geäußert haben. Fast die Hälfte der 23 Abgeordneten kamen zu dem Treffen.

Unter dem Namen „Grüne Linke Berlin“ verabschiedeten die insgesamt rund 40 Anwesenden eine Erklärung: Die Bündnisgrünen beteiligen sich nur dann an einer grün-roten Koalition, „wenn sich grüne Inhalte sichtbar und überprüfbar im Regierungsprogramm wieder finden“. Zugleich begrüßten sie eine Erklärung der SPD-Linken. „Wenn die Überführung der Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zum Regierungsprogramm der Sozialdemokratie gehört, haben wir damit überhaupt keine Probleme“, sagte der Grünen-Linke Dirk Behrendt.

Seit gestern gibt es für die Parteilinke neuen Grund zur Verstimmung. Bildungspolitiker der Partei sind offenbar vom Vorhaben abgerückt, die Gymnasien in absehbarer Zeit in eine Gemeinschaftsschule zu überführen. Dem widerspricht der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Öczan Mutlu.

Es gebe einen Parteibeschluss. „Wenn manche Kollegen das anders sehen, scheinen sie zu vergessen, dass die Interpretationshoheit weiterhin der Partei obliegt. Die besagt, dass am Ziel der Gemeinschaftsschule festgehalten wird.“

Sowohl Rot-Rot als auch Rot-Grün hätten im Falle einer Regierungsbildung eine nur sehr dünne Mehrheit. Drei abweichende Stimmen genügen, um die Koalition zu gefährden. FELIX LEE