: Kollegen unter sich
Mit Falschaussagen deckten vier GymnasiallehrerInnen einen Kollegen, der SchülerInnen sexuell belästigt hat
Aus Eigennutz hätten die Angeklagten vermutlich gehandelt, so der Richter am Bochumer Landgericht. Vielleicht hätten sie sich auch nur heraushalten wollen – eine Haltung, die vielen SchülerInnen zugeschrieben wird, die es bei Streitigkeiten nicht so genau nehmen mit der Aussage vorm Rektor: Wer möchte schon einen „Kollegen“ verraten. Dass am Montag nicht SchülerInnen, sondern ihre LehrerInnen auf der Anklagebank saßen, ist nicht nur deshalb pikant. Sie haben einen Sportlehrer ihres Gymnasiums in Herne durch Falschaussagen geschützt, der als Pädophiler aufgefallen war.
Der wurde schon längst überführt. Vor zwei Jahren wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er mehrere SchülerInnen seines Turnunterrichts sexuell belästigt hatte. Auch seine zwei weiblichen und zwei männlichen KollegInnen, die nun für ihr Verhalten bezahlen sollen, sagten damals aus. Zuerst wurden sie Ende 2004 von der Schulaufsicht in Arnsberg befragt. Dort hatten sie angegeben, nichts von sexuellen Übergriffen gewusst zu haben. Später hatten sie vor dem Gericht das gleiche gesagt. Am Montag stellte sich heraus, dass sie gelogen haben. Die Strafkammer konnte beweisen, dass im Kollegium „über das Thema Antatschen und Angrapschen gesprochen wurde“, wie die WAZ berichtete.
SchülerInnen einer sechsten Klasse des Gymnasiums hatten damals einzelne Übergriffe ihres Lehrers aufgeschrieben. Von dieser Liste wollten ihre vier PaukerInnen bis zu der Verurteilung nichts wissen. Erst nach rund hundert Zeugenaussagen und sieben Monaten Prozess konnte Richter Hermann Pamp in der Strafkammer das Urteil sprechen. Die PädagogInnen müssen nun Geldstrafen bis zu 15.000 Euro zahlen, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Zunächst wollen sie aber Revision einlegen.
Das Urteil könnte die LehrerInnen ihre Stellen kosten. „Das Disziplinarverfahren läuft schon“, sagt Jari Wieschmann von der Bezirksregierung Arnsberg, wo die zuständige Schulaufsicht sitzt. Der pädophile Sportlehrer wurde bereits suspendiert, nachdem die Tat 2004 bekannt geworden war.
Ob die Schweigerunde mit dem Urteil endgültig aufgedeckt ist, muss erst noch geklärt werden. Auch gegen den ehemaligen Rektor des Gymnasiums, der inzwischen pensioniert ist, wird verhandelt. Auch er könnte von den sexuellen Eskapaden seines Sportlehrers gewusst haben.MORITZ SCHRÖDER