: Übergriff in Uniform
Ein Flüchtling aus Ex-Jugoslawien soll vor den Augen mehrerer Nachbarn von zwei Kölner Polizeibeamten brutal misshandelt worden sein. Laut Antidiskriminierungsbüro kein Einzelfall
VON NATALIE WIESMANN
Die Kölner Polizei soll einen Flüchtling aus Ex-Jugoslawien getreten haben, als er nach einem Sprung aus dem Fenster verletzt am Boden lag. „Wir sind entsetzt über diese Brutalität“, sagt Kurt Holl vom Kölner Flüchtlingsverein „Rom“. Der Verein hat gestern gegen die Kölner Polizisten Strafanzeige gestellt.
Seinem Anwalt hat der Betroffene, der mit Schienbeinbrüchen im Krankenhaus liegt, den Vorfall etwa so beschrieben: Die Polizei habe bei einer Durchsuchung seinen Pass gefunden und ihm vorgeworfen, er habe ihn der Ausländerbehörde vorenthalten. Daraufhin habe einer der Beamten Handschellen herausgeholt und höhnisch gerufen: „Jetzt geht‘s ab nach Jugoslawien.“ Aus Angst vor seiner Abschiebung sei er aus dem zweiten Stock des Flüchtlingswohnheims vier Meter in die Tiefe gesprungen. Als er vor Schmerz brüllend am Boden lag, hätten ihn die Polizisten mit Pfefferspray malträtiert und auf ihn eingetreten.
Die Polizei reagiert auf die Vorwürfe mit einem Gegenangriff: Ausführlich beschreibt sie in einer Pressemitteilung, wie die Frau und die beiden Söhne des Verletzten am Morgen des Vorfalls versucht hatten, einem Passanten die Geldbörse aus der Tasche zu ziehen. Deshalb hätten die Beamten die Wohnung der Roma-Familie durchsucht. An dem Sprung aus dem Fenster will die Polizei nicht schuld sein: Nach dem Fund seines versteckten Reisepasses habe der 31-Jährige „offenbar die Situation realisiert und die Flucht ergriffen.“ In der Kölner Lokalpresse wurde nur die Sichtweise der Polizei übernommen.
Polizeigewalt gegen Flüchtlinge ist für das Kölner Antidiskriminierungsbüro keine Besonderheit: „Allein im Jahr 2005 sind uns 14 Übergriffe von Polizisten auf Migranten bekannt“, sagt Mitarbeiterin Susanne Laaroussi. Aus diesem Grund habe ein Betroffener eine „Initiative gegen Polizeigewalt“ gegründet. „Vor Gericht haben die Flüchtlinge keine Chance“, bedauert Laaroussi. Selbst die Aussage von Zeugen hätten nach ihrer Erfahrung gegen die Schilderungen der Polizisten meist kein Gewicht.
Polizei-Sprecher Jürgen Göbel wehrt die Vorwürfe ab: „Polizeiübergriffe sind hier in Köln nicht auf der Tagesordnung.“ Trotzdem würde seine Behörde parallel zu der Staatsanwaltschaft der Sache nachgehen. Der Vorwurf laute Nötigung und Körperverletzung: „Wenn die Anschuldigungen sich bestätigen, überlegen wir, ob die Polizisten am richtigen Platz sind.“ Bis zu einem endgültigen Nachweis blieben die beiden aber im Amt.
Der Rechtsanwalt des Flüchtlings, Marcus Palm, ist dennoch optimistisch, dass der Fall zugunsten seines Mandanten ausgeht: „Acht Nachbarn haben das brutale Vorgehen der Polizei beobachtet“, sagt er. Selbst wenn ihnen die Tat nachgewiesen werden würde, hätten sie eine Chance auf ein mildes Urteil: „Den Beamten wird vieles nachgesehen mit der Begründung, sie seien überfordert.“