Klare Mehrheit für Unternehmer Kiska

SLOWAKEI Der neue Präsident kann fast 60 Prozent der Stimmen gewinnen. Regierungschef Fico landet mit 40 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei. In der Politik war Kiska noch nicht tätig. Das war sein Vorteil

AUS PRAG SASCHA MOSTYN

Ein unpolitischer Philanthrop ist neues Staatsoberhaupt der Slowakei: Der 51-jährige Andrej Kiska hat in einer direkten Stichwahl am Samstag mit einem Stimmanteil von 59,4 Prozent souverän seinen Mitstreiter Robert Fico besiegt. Der amtierende Ministerpräsident erhielt nur 40 Prozent in einer Abstimmung, die auch als Bewertung seiner Regierung gesehen wird. Es war eine halbe Stunde vor Mitternacht, als Fico seine Niederlage eingestand. „Zwar sind noch nicht alle Stimmen ausgezählt, aber ich gratuliere Herrn Kiska schon jetzt zu seiner Wahl zum Präsidenten.“ Versöhnliche Worte, die eine durchaus schmutzige Wahlkampagne abschließen, in der sich Fico nicht geziert hat, auch in die unterste Schublade des politischen Kampfes zu greifen. Ein „Wucherer“ sei Kiska, wütete Fico zum Beispiel während einer Debatte im Fernsehen. Ein Schlag unter die Gürtellinie Kiskas, der dank einer Firma für Verbraucherkredite reich geworden ist. Als Fico die Felle noch weiter davonschwammen, beschuldigte er Kiska gar, der Scientology Sekte nahe zu stehen, was dieser vehement verneint.

Überraschend kommt der Sieg Kiskas, der aus dem ostslowakischen Poprad stammt, dennoch nicht. Kenner der slowakischen Politik hatten schon vor den Wahlen, die mit einem ersten Wahlgang am 15. März begonnen hatten, betont, dass Fico nicht mehr als die 40 Prozent seiner Stammwählerschaft motivieren werde. Die mögen ihn und seine Partei Smer bei Parlamentswahlen locker an die Macht bringen. Bei Präsidentschaftswahlen, in denen eine absolute Mehrheit entscheidet, aber keinesfalls.

Und bei einem Gegner wie Andrej Kiska umso weniger. Denn dessen Versprechen, hinter „jedem anständigen Menschen“ in der Slowakei zu stehen, wirken. Vor allem deshalb, weil Kiska ein hervorragender Ruf vorausgeht. Ein Unternehmer, der auf ehrliche Weise Geld verdient hat, indem er Verbrauchern zu fairen Konditionen Kredite anbot. Seit dem Verkauf seiner Firma, deren Erlös Kiska so geschickt angelegt hat, dass er sich um einen angenehmen Lebensunterhalt keine Sorgen zu machen braucht, ist Kiska vor allem als Wohltäter unterwegs. Seine Stiftung Dobry andel (Guter Engel), hilft Familien schwerkranker Kinder, die in Not geraten sind.

Ein Lebenslauf, der Kisko glaubwürdig macht, wenn er sagt, er wolle das „Vertrauen in das Präsidentenamt“ zurückgeben und helfen, in der Slowakei mehr soziale Wärme zu schaffen. Dass Kiska dabei als Politiker vollkommen unerfahren ist, hat den Wähler kaum gestört. Wahrscheinlich, so Kommentatoren, war es sogar ein Wettbewerbsvorteil in einem politikverdrossenen Land. „Wir Tschechen können die Slowaken nur beneiden“, sagt Luboš Palata, Kommentator der tschechischen Tageszeitung Mladá fronta Dnes, der lange in der Slowakei gelebt hat. Einen wichtigen Schritt in Richtung westliche Demokratie habe die Slowakei mit der Wahl Kiskas getätigt, urteilt Palat.„Die slowakische Demokratie hat eine enorme Kraft gezeigt, wenn ein Mann Präsident wird, der nie zuvor in der Politik war und dessen Team nur aus fünf Leuten bestand.“