Business-Class in den Gelben Bergen

Der Kandidat habe „Vor- und Nachteile“, sagte Jürgen Gansäuer 1992, als der völlig unbekannte Osnabrücker Anwalt Christian Wulff vorgeschlagen wurde, um gegen Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) in die Bütt zu steigen. Ein vernichtendes Urteil des damaligen CDU-Fraktionschefs: Eigentlich wollte der Industriekaufmann Gansäuer nämlich selber Ministerpräsident werden. Erst als Wulff 2003 Regierungschef wurde, stellte er den Burgfrieden wieder her, indem er seinen Widersacher zum Landtagspräsidenten kürte. Auf dem Papier die Nummer Eins im Lande, ausgestattet mit einem handballfeldgroß erscheinenden Büro.

Die Wunden sind nicht verheilt. In der CDU rumort es gegen den selbstherrlichen Landes-Granden, der gerne vor rechtskonservativen Burschenschaftern redet. „Der will eh’ nur Phaeton fahren“, ärgern sich die Heckenschützen. Derzeit wird in der Partei über die China-Reise gefeixt.

Heute um 9.10 Uhr endet der zweiwöchige Trip Gansäuers. Dann landet die 13-köpfige Delegation des Landtagspräsidiums in Hannover. 66.000 Euro hat die Tour gekostet – und Gansäuer weiter beschädigt. Nicht nur der Bund der Steuerzahler kritisierte den hohen Touristik-Anteil der Visite: Neben Treffs mit Politik und Wirtschaft besuchte Gansäuer das „Changchun Movie Wonderland“, besichtigte die Terrakotta-Armee und stieg in die Seilbahn, um die „Gelben Berge“ zu erklimmen. Wenig Zustimmung fand auch, dass die Gansäuer-Truppe Business-Class flog. „Ich habe damals angeordnet, dass wir prinzipiell Economy fliegen“, sagt Gansäuers Amtsvorgänger Rudolf Wernstedt (SPD). SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner witterte einen „massiven Ansehensverlust für das ganze Parlament“. Sein enger Terminkalender lasse 14 Tage Staatsbesuch einfach nicht zu, sagte eine Sprecherin des alten Erzrivalen Wulff. Rückendeckung sieht anders aus.

Inzwischen wurden flugs Landtags-Trips nach Ägypten und Andalusien storniert. Gansäuer fand die Vorwürfe zwar zuerst „provinziell“, kündigte aber dann an, die Regeln für Auslands-Touren zu prüfen. Gestern ereilte ihn ein neuer Eklat. „Mit einer Mischung aus Unglauben und Empörung“ reagierte die SPD auf den Plan Gansäuers, eine Pressekonferenz zur China-Reise per Landtags-Stenografen protokollieren zu lassen. Es sei „absolut nicht akzeptabel, dass das Misstrauen des obersten Repräsentanten des Landes gegenüber den Medien solche Formen annimmt“. Natürlich reagierte Gansäuer mit „absolutem Unverständnis“. Der Stenograf solle nur seine Ausführungen „in Gänze präzise“ festhalten um „diese sodann auf die Internetseite des Landtages zu stellen“. Nur dann könnten sich alle „ein authentisches Bild“ seiner Reise machen.Kai Schöneberg