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Archiv-Artikel

Oktoberfest

Rammeln dama

„Mann wird’s einem hier schwindlig vor lauter Berg und Tal im Dekolleté‘“, stöhnte DJ Ötzi zum diesjährigen Wiesn-Auftakt im Hippodrom-Zelt. Als lustiger Tiroler und ehemaliger Obdachloser kennt die „Stimmungskanone“ (FreizeitRevue) das Gefühl, von ganz unten auf Berggipfel zu starren. Glaubt man der Münchner Boulevardpresse, dann stehen heuer die Chancen des Normalbürgers, einen Treffer beim anderen Geschlecht zu landen, besser denn je. Im Wortsinn bumsfidel soll es zugehen auf der 173. Festwiese, dem größten Ballermann der Welt. „Rammeln dama!“ ist das Motto, in Anlehnung an die berühmt gewordene Parole „Rama dama!“ (etwa: Räumen tun wir!) des Altoberbürgermeisters Thomas Wimmer, der in den Trümmertransport-Aktionen der Nachkriegszeit immer mit der Schaufel in der Hand voranging. Heute heißt es „baggern, was das Zeug hält“ (AZ): „Erst sechs Maß Weinschorle, dann an die Bar im Hippodrom, mei, und dann die Doris, eine ganz liabe kloane Schwarze, das war die Letzte, an die ich mich erinnern kann“, berichtet etwa Matthias aus Salzburg. Mikel aus London hofft dagegen noch, „viele bayrische Mädels zu treffen“, seine Freundin hat er lieber gleich daheim in London gelassen.

Wer in dieser aufgeheizten Atmosphäre nicht zum Abschluss kommt, muss sich schon besonders blöd anstellen, suggerieren die Medien. Oder er geht zur Konkurrenz vom „Sexyland“, wo englisch sprechende „fesche Wiesn-Madln“ aus Osteuropa warten. Meldungen wie „Sex-Täter vergreift sich an Betrunkener“ (AZ) gehören deswegen zum Oktoberfestalltag. Sechsunddreißig Prozent Anstieg gefährlicher Körperverletzung zählte die Polizei nach neun Tagen weiß-blauem Nationalrausch und analysiert: „Es ist in der Gesellschaft eine gewisse Verrohung festzustellen. Die wird natürlich auch in die Wiesn reingetragen und durch den Alkoholkonsum verstärkt“ (Bild München).

Bevor die Situation im Problemkiez rund um die Theresienwiese vollständig eskaliert, hat der Herrgott jedoch ein Einsehen. „Der Wiesn-Virus geht um – Wirte, Besucher und Bedienungen liegen flach“, berichtet die Abendzeitung. Gegen den grippalen Infekt hilft nur Abstand halten, denn „je näher man seinem Gegenüber kommt, desto größer ist die Ansteckungsgefahr“. Das leuchtet jedem ein, auch noch nach der zehnten Maß. In diesem Sinn: Ein Prosit der Gemütlichkeit! AMBROS WAIBEL