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Archiv-Artikel

Billige Flüge statt Aids-Therapie

Große Koalition und FDP lehnen eine entwicklungspolitische Abgabe auf Flugtickets ab. US-Botschaft hatte zuvor in einem Brief die Abgeordneten des Bundestages vor einer Zustimmung gewarnt

VON HANNES KOCH

Der Brief der US-Botschaft an den Deutschen Bundestag war deutlich. Sollten die Abgeordneten die neue Abgabe auf Flugtickets beschließen, „könnte sich dies negativ auf den Flugreiseverkehr auswirken“, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Durch höhere Preise würden Nachteile für US-Fluggesellschaften entstehen, schrieb Dennis J. Ortblad, Wirtschaftsberater der Botschaft, an die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages.

Über das Ergebnis der Abstimmung im Parlament wird sich die US-Botschaft gestern gefreut haben. Mit den Stimmen von Union, SPD und FDP lehnte das Plenum die Abgabe auf Flugtickets ab. Linksfraktion und Grüne hatten vorgeschlagen, sie einzuführen. Die Einnahmen sollen in einen weltweiten Fonds fließen, der Impfprogramme und Medikamente gegen Aids, Tuberkulose und Malaria finanziert. 18 Staaten, allen voran Frankreich, haben die Abgabe bereits beschlossen, die ein Teil des Programms der Vereinten Nationen zur Reduzierung der weltweiten Armut ist.

Als „drastische Einmischung“ bezeichnete Thilo Hoppe (Grüne), der Vorsitzende des Entwicklungsausschusses, den Brief der US-Botschaft. „Eine derart massive Einflussnahme hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben“, sagte auch ein hoher Beamter der Bundesregierung gegenüber der taz. Während die US-Botschaft in Berlin keine Angaben zu Häufigkeit und Charakter von politischen Interventionen machte, erklärte die Verwaltung des Bundestages, dass derartige Briefe „nicht täglich“ einträfen, aber auch „keine Ausnahme“ darstellten. Botschaften anderer Staaten würden die Meinung ihrer Regierungen den Abgeordneten ebenfalls mitteilen.

In der französischen Variante würde die Flugticket-Abgabe den Preis pro Flug um 1 bis 40 Euro erhöhen. Unter anderem deutsche Fluggesellschaften befürchten Nachteile, wenn ihre Tickets teurer werden als die der Konkurrenz. SPD und Union wiesen die Abgabe außerdem mit dem Argument zurück, dass die Mittel der deutschen Entwicklungshilfe ohnehin ansteigen würden und das zusätzliche Geld deshalb zurzeit nicht notwendig sei. Für das Jahr 2008 allerdings, so SPD-Politiker Sascha Raabe, müsse man möglicherweise über die Ticket-Abgabe nachdenken, um die dann benötigten Mittel zu beschaffen. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) unterstützt die Abgabe.