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Archiv-Artikel

Wulff mit Besuch sehr zufrieden

STAATSBESUCH IN DER TÜRKEI Bundespräsident Christian Wulff lobt seine Gastgeber und setzt sich bei den Begegnungen mit der christlichen Minderheit erneut für deren Rechte ein

AUS ISTANBUL JÜRGEN GOTTSCHLICH

Am letzten Tag seiner Türkeireise hat Bundespräsident Christian Wulff gestern eine „extrem positive Bilanz“ gezogen. Die Treffen mit Präsident Abdullah Gül seien „vertrauensvoll und offen“ gewesen. Es sei auch kein Problem gewesen, kritische Themen zu besprechen. Wulff, der am Mittwoch mit Gül einen Wirtschaftskongress im zentralanatolischen Kayseri besuchte, sagte danach, die Türkei sei auf dem Weg zu einer erfolgreichen Wirtschaftsnation. Die türkische Wirtschaft wird 2010 um 7,5 Prozent wachsen und hat die größten Einbrüche durch die Krise 2008/9 bereits ausgeglichen.

Die emotionalen Höhepunkte der fünftägigen Reise waren für Wulff die Begegnungen mit Vertretern der christlichen Minderheit. Schon in seiner Rede vor dem Parlament hatte er damit gepunktet festzustellen, die Türkei sei auch ein christliches Land. Wie um dies zu untermauern, besuchte er in den Folgetagen die Höhlenkirchen der ersten Christen in Kappadokien und die Paulus-Kirche in Tarsus, wo Paulus vor knapp 2.000 Jahren geboren wurde und von wo er seine Missionszüge startete. Vor dem Gottesdienst in der Paulus-Kirche, die offiziell ein Museum ist, traf Wulff Vertreter der armenischen, der orthodox-syrianischen Kirche und den obersten katholischen Kirchenvertreter aus Italien. Den anschließenden Gottesdienst bestritten dann der evangelische und der katholische Pfarrer der beiden deutschen Gemeinden in Istanbul. Wulff bezeichnete den Gottesdienst als wichtigen Schritt dahin, künftig die Paulus-Kirche auch wieder ohne Sondergenehmigungen zu kirchlichen Zwecken nutzen zu können.

Der Religionsfreiheit galt auch sein Besuch beim griechisch-orthodoxen ökumenischen Patriarchen in Istanbul. Bartholomäus I. ist als Patriarch von Konstantinopel spirituelles Oberhaupt der weltweiten Orthodoxie, auch wenn in Istanbul kaum 3.000 christliche Griechen leben. Im Stadtteil Fener besichtigte Wulff die Patriarchatskirche, bevor er sich zum Gespräch mit Bartholomäus zurückzog. Später betonten beide, wie wichtig Religionsfreiheit, aber auch der Kampf gegen Fanatismus und Extremismus sei.

Am Freitag legte Wulff zusammen mit Gül den Grundstein für die deutsch-türkische Universität. Sie soll dem wissenschaftlichen und kulturellen Austausch beider Länder dienen und Ende 211 in Betrieb gehen.

Wurde in Deutschland wegen der Integrationsdebatte ausführlich über Wulffs Reise berichtet, überschattete diese in der Türkei der Kopftuch-Disput. Schon zum Auftakt widmeten die türkischen Medien der Präsidentengattin Hayrünissa Gül, die erstmals mit Kopftuch beim Abschreiten der militärischen Ehrengarde dabei war, mehr Aufmerksamkeit als dem deutschen Gast. Die ganze Woche war das Kopftuch, über dessen Freigabe an Universitäten wie im öffentlichen Dienst derzeit stark debattiert wird, das Topthema. Über Wulff wurde freundlich, aber eher weiter hinten informiert.