FELIX ZIMMERMANN WURST IST MEIN GEMÜSE
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Über viele Würste ließe sich schreiben, krumme und gerade, geräucherte und luftgetrocknete, frische und welche, die ihre Güte erst durch Lagerung entfalten. Die, die unansehnlich ein tristes Dasein in Fleischtheken fristen, die, die mit Liebe gemacht sind und auch so aussehen, und jene, die als amorphe Masse in Gelbe-Sack-taugliche Kunststoffbehältnisse gepresst werden. Deutschland, Land der Würste und Wurstartigen, wie man im Zeitalter der industrialisierten Fleischveredlung wohl sagen muss.

Ich schreibe jetzt aber über keine von denen, sondern über die, die ich jeden Abend, ach was, zu jeder Mahlzeit essen könnte.

Diese Wurst ist von filziger Textur, manchmal muss ich gröbere Staubflocken von ihr wegpusten, sie ist schon einige Male auf den Boden gefallen, einmal lag sie hinter der Heizung, was ihrem Geschmack aber keinesfalls schadet. Und, jetzt mal unter Wurstkennern gefragt: Was ist Staub schon gegen Schimmel, der manch andere Wurst verfeinert? Es gibt meine Wurst als Samilami und als Mortagella, in jedem Fall aber ist sie von ansprechendem Äußeren. Die Mortagella mit weißen Speckstücken und zartgrüner Pistazie, die Samilami rot-weiß marmoriert, wie es sein soll.

Mal wird mir diese Wurst mit einem knisternden Salatblatt auf einer Scheibe Graubrot serviert, mal finde ich sie unter einer Scheibe Käse – herrlich, wie sie aus den Löchern hervorblinzelt –, mal zum Spiegelei, nicht selten auch zum Butterkeks. Also getreu jener fortschrittlichen Fusionküche, wie sie bei uns zu Hause gepflegt wird.

Ich kann kaum anders, ich muss diese Wurst immer wieder essen. Meine Töchter – die ältere als Chefin, die Jüngere als Lehrling – wären sonst untröstlich. Und das Schönste daran: Die filzige Wurst, das hölzerne Spiegelei, das hölzerne Brot – all das ist in ihrer kleinen Küche vorrätig, ohne je zur Neige zu gehen.

Abwechselnd besprechen wir hier Würste und bedienen uns aus der Gemüsekiste