: SMS-Kündigung unter Freunden
Rausschmiss per Handy-Nachricht: Kann eine SMS eine Kündigung einleiten? Darüber streiten sich derzeit der Bundesligist Hannover 96 und der gefeuerte Macher des Stadionmagazins „Stammplatz“
VON KAI SCHÖNEBERG
„Hey Amigo, musste dir leider eben die Kündigung zustellen, tut mir leid, Tobi“, musste Jörg Heynlein lesen, als er am 1. September nach der Rückkehr von einem Ausflug in den Harz sein Handy anstellte. Ein Brief, den er gleichzeitig im heimischen Briefkasten vorfand, wurde noch deutlicher: Darin stand, der 40-jährige Macher der Stadion-Zeitung des Bundesligisten Hannover 96, sei gefeuert. Unterschrieben von Geschäftsführer Martin Kind, eingeworfen hatte das Schreiben „Tobi“, der Personalreferent der Hannover 96-Tochterfirma „Sales und Services GmbH“, am 31. August um 17.50, dem letzten Tag der sechsmonatigen Probezeit von Heynlein.
War die Kündigung rechtzeitig zugestellt? Kann die SMS eventuell als Einleitung des Rausschmisses gelten? Über diese Fragen stritten sich Heynlein und 96 gestern vor dem Arbeitsgericht in Hannover. „Das Hauptproblem ist: Wann ist das Ding zugegangen?“, fragte sich auch Richter Karsten Rohowski. Die Rechtssprechung ist sich nur in einem klar: Eine SMS allein reicht nicht für den Rauswurf. Bei der schriftlichen Kündigung sind sich die Gerichte dagegen nicht einig: Einige verlangen die Zustellung der Kündigung bis zum Mittag, weil der Gekündigte nicht den ganzen Tag seinen Briefkasten bewachen kann, andere gehen inzwischen davon aus, dass das Ende der Zustellzeit erst um 18 Uhr ist.
Juristisch völlig unbefleckt ist indes die Frage, ob der Handy-Hinweis auf die eingeworfene Kündigung irgendetwas am Zeitpunkt der Zustellung ändert. „Da bin ich mir nicht sicher“, sagte Rohowski, das sei „ein absoluter Grenzfall“.
„Das war ja noch nicht mal ein Diensthandy“, sagte Heynleins Anwältin Ursula Meschede. Die Kündigung sei zu spät eingegangen, für ihren Mandanten würden also reguläre Kündigungsfristen gelten. Zudem muss der Rauswurf nach Ablauf der Probezeit begründet werden.
Heynlein hatte als Redaktionsleiter das in Fachkreisen hochgelobte Stadionmagazin namens Stammplatz aus der Taufe gehoben. Nach der dritten Ausgabe war Schluss. Offenbar war Klubchef Kind, der im Juli nach einem Jahr Pause seinen Posten wieder angetreten hatte, der Stammplatz zu teuer. Der Hörgeräteunternehmer Kind überzieht die Geschäftsstelle von Hannover 96 derzeit mit einer Kündigungswelle: Gerade wurden vier der insgesamt rund 40 Mitarbeiter herausgeworfen. Der Stammplatz-Nachfolger werde „etwas kostenschonender“ produziert, sagte 96-Anwalt Andreas Brinkmann.
Heynlein wies zunächst den Vorschlag des Richters zurück, sich auf eine Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts zu einigen, also 4.100 Euro brutto. „Es geht nicht nur ums Geld“, betonte Anwältin Meschede und pochte dennoch auf die Kündigungsfrist für fest Angestellte und eine dementsprechende Abfindung Also wird der Prozess am 19. Januar 2007 fortgesetzt. Geladen: Der Geschäftsführer der Roten, Martin Kind.