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Archiv-Artikel

Auf Arbeitssuche bei Anthroposophen

Alnatura, Weleda & Co gelten als wachstumsstark. Ihre Mitarbeiter müssen nicht anthroposophisch vorgebildet sein. Anders in Waldorfschulen

„Analytisch und konzeptionell zu denken ist Ihre Stärke“, schreibt Weleda in einer Stellenausschreibung für die Projektleitung „Körperpflege“ und erwartet von den Bewerbern eine strukturierte und pragmatische Arbeitsweise. Alnatura wünscht sich von seinen Nachwuchsführungskräften, „engagiert, zupackend, belastbar, flexibel“ zu sein. Hier wie da: Die Identifikation mit der Lehre Rudolf Steiners ist keine Zugangsvoraussetzung für anthroposophisch orientierte Firmen. „Eine Bereitschaft, sich mit anthroposophischem Denken auseinanderzusetzen, ist zwar wünschenswert“, sagt Alnatura-Pressechefin Stefanie Neumann, „aber wir sind kein Tendenzbetrieb wie eine Kirche.“ Sie selbst habe sich vor ihrer Einstellung noch nie mit Anthroposophie beschäftigt und sich mit dem Vorsatz beworben, „etwas Sinnvolles tun zu wollen“. Das sei nach ihrer Einschätzung der Anspruch vieler Bewerber und bei Alnatura gern gesehen.

Die gesetzliche Krankenkasse Securvita, die anthroposophische Medizin in ihrem Leistungskatalog vorhält, stellt ihre Mitarbeiter nur nach fachlichen Kriterien ein. Für die interne „Arbeitsgruppe für besondere Therapierichtungen“ würden Mitarbeiter gesucht, die sich in anthroposophischen Heilmethoden ebenso auskennen müssten wie in anderen alternativen Verfahren, schildert Sprecher Norbert Schnorbach die Anforderungen. Kein Bewerber würde jedoch nach seiner Geisteshaltung gefragt. „Wir setzen uns zwar dafür ein, dass die gesetzliche Krankenversicherung auch die Kosten für bewährte Naturheilverfahren übernimmt, aber wir sind kein anthroposophischer Betrieb.“

In den einschlägigen Stellenportalen im Internet spielen große Unternehmen wie Securvita oder Alnatura ohnehin keine Rolle. Sie stellen ihre Angebote auf ihren eigenen Seiten online oder annoncieren in überregionalen Zeitungen. „Ab und zu taucht Weleda mal bei uns auf“, berichtet Michael Amthor von der infostelle-amthor.de, „aber 60 bis 70 Prozent unserer Anzeigen werden im pädagogischen Bereich geschaltet.“ Nicht überall übersteige die Nachfrage das Angebot: „In der Kunstpädagogik zum Beispiel werden viele Leute ausgebildet, die nachher keine Stelle finden.“

Weitere Inserate finden sich bei ihm wie in allen Stellenbörsen vor allem für Garten- und Landschaftsbauer oder Handwerker. Stets gilt: Die berufliche Qualifikation ist wichtiger als Anthroposophical Correctness. „Meine Anzeige auf anthro24.de ist nur eine Ergänzung zu anderen Annoncen, die ich aufgegeben habe“, erzählt der Hamburger Buchbinder Thomas Erdmann, der selbst Anthroposoph ist. „Der Beruf ist in der Szene sehr beliebt, deshalb nutze ich diese Möglichkeit.“ Trotzdem stelle er nicht automatisch einen Anthroposophen ein.

Ganz anders sieht die Situation für Lehrkräfte aus. „Lehrerinnen und Lehrer ohne waldorfpädagogische Ausbildung müssen sich berufsbegleitend fortbilden lassen“, schreibt die Waldorfschule Düsseldorf auf ihrer Internetseite. Aussagen wie diese finden sich oft. Deshalb verweist Horst Ring, dessen Ring-Media-Agentur das Portal www.Stellenmarkt-Anthroposophie.de betreibt, auf die verschiedenen Lehrerseminare für Waldorfpädagogik. Berufsbegleitende Weiterbildungen werden dort neben Vollzeitstudiengängen angeboten und richten sich nicht nur an staatlich ausgebildete Lehrer. Auch Absolventen anderer Studiengänge oder Interessenten mit abgeschlossener Ausbildung werden angesprochen. Die Voraussetzungen wie auch die Curricula unterscheiden sich jedoch stark voneinander. Gründliche Vergleiche sind deshalb empfehlenswert. Wer einen geeigneten Lehrgang gefunden hat und sich auf eine der 300 Lehrerstellen bewerben will, die jährlich in Waldorfschulen vergeben werden, sollte zudem ein paar Rücklagen bilden: Denn die Kosten für die Ausbildung müssen selbst getragen werden.

PETER HERRMANNS