: Religiöse Zensur I
betr.: „Das C in „Kunstfreiheit“, taz vom 28. 9. 06
Für mich als ehemalige Mitarbeiterin des Ulmer Theaters klingt es wie blanker Hohn, wenn Kulturstaatsminister Neumann anlässlich der Absetzung der Mozart-Oper „Idomeneo“ von „Selbstzensur“ und Gefahr für „die demokratische Kultur der freien Rede“ spricht.
Anno 2000 legte die CDU/CSU das Recht auf freie Rede noch etwas anders aus. Bei der deutschlandweit geplanten Aufführung von Terenc McNallys „Corpus Christi“, in der eine homosexuelle Beziehung zwischen Jesus und einem seiner Jünger angedeutet wird, forderten 40 CDU/CSU-Bundestags- und Europaparlamentsabgeordnete in einem offenen Brief die sofortige Absetzung des Stücks. In nahezu allen Bundesländern, in denen eine Aufführung geplant war, legten CDU-Abgeordnete lautstark Widerspruch ein. In Ulm kam es gar zu Bombendrohungen und Morddrohungen gegen den Intendanten Ansgar Haag. Der knickte letzten Endes ein, als ihm CDU Stadträte zu verstehen gaben, dass mit Etatkürzungen rechnen müsse, sollte das Stück aufgeführt werden. Die CDU ist nicht die richtige Instanz, um für kulturelle Demokratie einzustehen. NICOLE HENTSCHKE