Deutschpflicht im Kindergarten

Eine Gemeinde in Hessen will in ihren zwölf Kindertagesstätten Deutsch als verpflichtende Umgangssprache einführen. Die CDU-geführte Koalition in Dietzenbach setzte das Vorhaben mit Hilfe der rechtsradikalen „Republikaner“ im Stadtrat durch

AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Im Gemeinschaftsraum hängt ein Bild des Bundespräsidenten. Vor dem Gebäude grüßt die Bundesflagge. Und drinnen wird ausschließlich Deutsch geredet. So soll es nach dem Willen der Mehrheit der Stadtverordneten von Dietzenbach im Landkreis Offenbach bald an den zwölf Kindergärten der Kommune zugehen.

Einen entsprechenden Beschluss verabschiedeten die Koalitionsfraktionen CDU und Freie Wähler mit der Stimme einer Abgeordneten der rechtsradikalen „Republikaner“ auf der Stadtverordnetensitzung am Freitagabend unter anderem gegen die Stimmen von SPD, Grünen und FDP. Auch Unions-Bürgermeister Stephan Gieseler kritisiert die Kita-Pläne. Der Streit über diesen Antrag überschatte schon viel zu lange die Bemühungen der Stadt um die Integration der rund 10.000 ausländischen Bürger in der insgesamt 35.000 Einwohner zählenden hessischen Kleinstadt, sagte Gieseler in einem Gespräch mit der Lokalpresse.

Für den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Stadtparlament, Helmut Butterweck, ist der jetzt beschlossene Antrag dagegen „die einzige Möglichkeit, die Integration der ausländischen Kinder frühzeitig zu befördern“. Bei den Ausländern zuhause würde meist nur Türkisch oder Arabisch gesprochen. Deshalb sei die Einführung von Deutsch als Umgangssprache „dringend geboten“. Nur so hätten diese Kinder von Migranten die Chance auf ein „selbstbestimmtes Leben in Deutschland“. Darüber hinaus, und so steht es auch in dem Antrag, sei das „Verständnis unseres nationalen Selbstverständnisses“ ein weiterer Schlüssel zur Integration. Sanktionen soll es allerdings nicht geben, falls ein ausländisches Kind im deutschen Kindergarten doch einmal etwas in seiner Muttersprache sage, versicherte Butterweck. Und zum Fahnenappell müssten die Kindergartenkinder auch nicht antreten, hieß es aus der Unionsfraktion. Allerdings sollen ihnen die gesetzlichen Feiertage in Deutschland „kindgerecht aufbreitet nahegebracht und erklärt werden“.

Der Fraktionsvorsitzende der oppositionellen SPD, Bernd Heilmann, hatte den Koalitionsfraktionen in seiner Rede auf der Stadtverordnetenversammlung vorgeworfen, mit dem Antrag gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zu verstoßen. Dort nämlich sei festgeschrieben, dass Kindern, die einer sprachlichen Minderheit angehörten, nicht das Recht verweigert werden dürfe, mit anderen Menschen der gleichen ethnischen Gruppe in ihrer Muttersprache zu kommunizieren. Auch der Ausländerbeirat der Stadt kritisierte den Beschluss heftig. Den Beirat hatte Unionsfraktionschef Butterweck zuvor mit der Aussage provoziert, dass das Gremium bei einer Beteiligung von unter zehn Prozent bei den letzten Beiratswahlen überhaupt nicht mehr in der Lage sei, die Betroffenen tatsächlich zu repräsentieren.

Ende der 90er-Jahre sollte Dietzenbach unter rot-grüner Ägide zu einer multikulturellen Vorzeigekommune avancieren. Doch vor allem im Problembezirk Spessartviertel mit seinen 3.000 Bewohnern aus 50 Nationen scheitern auch nach Auffassung von Initiatoren diverser Integrationsprojekte alle Bemühungen um eine Entspannung der Lage. Im vorigen Jahr war es dann zu gewalttätigen Angriffen von ausländischen Jugendlichen auf die Polizei gekommen.

Butterweck (CDU) sagte dazu am Freitag, dass es vielen Menschen dort ganz offenbar an Integrationswillen mangele und sie sich nicht mit dem deutschen Staat identifizierten. Gerade die Angehörigen der zweiten und dritten Einwanderergeneration müssten aber jetzt endlich hier Wurzeln schlagen. Und dazu trage das Erlernen der deutschen Sprache schon im Kindergarten wesentlich bei.