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Archiv-Artikel

Friedliches Quartier

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall verspricht ein schickes Wohnviertel in der Landeshauptstadt

Heinrich Erhardt schwang hier selbst den Spaten: Vor 115 Jahren gründete er mit Banken aus Berlin, Frankfurt und Düsseldorf in der heutigen Landeshauptstadt den Rüstungskonzern Rheinmetall. Eine erfolgreiche und umstrittene Firmengeschichte begann. Dort, wo Erhardt einer verwitweten Bäuerin einst Bauland abschwatzte, sollen jetzt Lofts entstehen, schicke Wohnungen im Norden der Stadt. Gestern Abend stellte Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) die so getaufte „Unternehmerstadt“ vor.

In Zukunft soll auf dem neun Hektar großen Areal nichts mehr daran erinnern, dass hier einmal Kriegsgüter für die ganze Welt produziert wurden. Die Mauern sollen abgerissen werden, ein kleines Dorf soll im ehemaligen Industriegebiet mit 2.000 Wohnungen entstehen. Läuft alles nach Plan, dann müssen die künftigen BewohnerInnen ihr Viertel kaum noch verlassen: Das Prinzip der Werkwohnung, das früher für die Schwerindustrie und den Bergbau charakteristisch war, soll im luxuriösen Gewand wieder auferstehen.

Nur dass hier nicht mehr Kumpel oder Metallarbeiter mit ihren Familien neben der Firma wohnen, sondern Angestellte von Firmen wie Gerry Weber oder der Medienagentur MediaCom. Diese Firmen haben schon in den verlassenen Produktionshallen Platz gefunden. Ein Sportcenter soll die gestressten ManagerInnen fit halten, der Golfplatz ist nicht weit entfernt, die Gourmet-Kette Käfer zieht bald ein, ein Vier-Sterne-Hotel folgt. Für den Nachwuchs soll eine Kindertagesstätte de luxe sorgen, mit langen Öffnungszeiten und Wochenendservice. Gleichgesinnte sollen sich hier treffen, kündigen die Immobilienbeauftragten von Rheinmetall an. Menschen, die „Dinge selbst in die Hand nehmen“ und „unternehmerisch handeln und denken“. Die FDP hätte es nicht schöner formulieren können und die CDU-regierte Stadt ist zufrieden. OB Erwin sieht in der Unternehmerstadt einen Zukunftstrend.

Die Produktion von Maschinengewehren, Maschinenkanonen und Munition ist übrigens mittlerweile in die hessische Südheide verlagert. Nur die Konzernleitung sitzt noch im Düsseldorfer Norden. Die MieterInnen der neuen Wohnungen werden vom Bellizismus ihres Nachbarn allerdings wenig mitbekommen. Das Hauptgebäude ist ein schlichter moderner Bau, nur die Fahnen vor dem Haupteingang verraten den Konzernsitz.

ANNIKA JOERES