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Archiv-Artikel

Atomausstieg unter Protest gekippt

ENERGIE Nach einer heftigen Debatte im Bundestag beschließt Schwarz-Gelb die längeren AKW-Laufzeiten. Opposition und Verbände wollen dagegen klagen. Atomkraftgegner erwarten jetzt starke Proteste

Von MKR

BERLIN taz/dapd | Die Abkehr vom Atomausstieg ist beschlossene Sache: Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition die Verlängerung der Laufzeiten für die siebzehn deutschen Atomkraftwerke gebilligt. Die älteren Reaktoren dürfen damit jeweils 8 Jahre länger in Betrieb bleiben, die jüngeren mindestens 14 Jahre. Weil der Bundesrat nach dem Willen der Regierung nicht mitentscheiden darf, plant die Opposition eine Verfassungsklage. Auch Stadtwerke und Umweltverbände wollen klagen. Ebenfalls zur Abstimmung standen am Donnerstag die Gesetze zur Kernbrennstoffsteuer und zur Einführung eines Öko-Fonds, mit dem die Regierung einen Teil der Zusatzgewinne der Stromkonzerne abschöpfen will.

In der Schlussdebatte hatten sich Koalition und Opposition einen scharfen Schlagabtausch geliefert. SPD, Grüne und Linke beklagten, dass durch den knappen Zeitplan keine ernsthafte Beratung der Gesetze in den Ausschüssen möglich gewesen sei. Per Geschäftsordnung seien Minderheitenrechte außer Kraft gesetzt worden, kritisierte etwa Thomas Oppermann (SPD): „So wie Sie mit Ihrer Mehrheit umgehen, offenbaren Sie die Arroganz der Macht.“

Unversöhnlich blieben auch die inhaltlichen Positionen: Politiker der Opposition attackierten die Rücknahme des Atomausstiegs als Angriff auf die Ökostrombranche, sie gefährde die Sicherheit und Gesundheit von Millionen Menschen. Union und FDP verteidigten ihr Konzept als zukunftsweisend und warfen der Opposition parteipolitische Stimmungsmache vor. Während der Sitzung demonstrierten vor dem Reichstagsgebäude knapp 2.000 Menschen gegen die längeren Laufzeiten. Zudem hängte Greenpeace ein großes Protestplakat an die CDU-Parteizentrale. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg rechnet aufgrund der Entscheidung mit einer Rekordbeteiligung bei den Protesten gegen den nächsten Castor-Transport nach Gorleben: Bei der Demonstration am 6. November in Dannenberg werden über 30.000 Menschen erwartet. MKR

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