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Archiv-Artikel

DIE PDS TABUISIERT DIE AUSLANDSEINSÄTZE DER BUNDESWEHR Der leise Kampf in der Linkspartei

Die Linksfraktion wird schriftlich gegen den Sudan-Einsatz der Bundeswehr protestieren, die Parteietikette wird gewahrt. Eine Zustimmung wäre ein Tabubruch gewesen, denn die Partei lehnt derartige Einsätze grundsätzlich ab. Doch gerade das Ausbleiben des Bruchs zeigt den kontinuierlichen und gespenstisch leisen Kampf der Linkspartei mit sich selbst.

Gerne würden die pragmatischen Teile der Führung die dogmatische Haltung zu UN-Einsätzen ändern. Aber sie sagen es nicht. Zu tief sitzt die Erinnerung an den traumatischen Parteitag von Münster im Jahr 2000 und das drohende Zerreißen der Partei. Damals traten alle inneren Widersprüche der PDS exemplarisch zutage. In diesem Chaos schaffte es eine Gruppe vorher und nachher in der Partei bedeutungsloser West-Linker, den Beschluss durchzudrücken, dass UN-Einsätze in Zukunft grundsätzlich abzulehnen sind. Lothar Bisky und Gregor Gysi, die beiden Parteichefs, gingen damals. Inzwischen sind sie wieder da, doch der Beschluss steht immer noch.

Durch ihn ist die Linkspartei ein wichtiger Teil der deutschen Demokratie geworden: Sie allein drückt im Parlament das Unbehagen an Militäreinsätzen im Ausland aus. Sie hat sich aber auch mit einem im Wortsinn unverletzlichen Tabu fesseln lassen: Jeder, der an der Haltung zu UN-Einsätzen zweifelt, läuft Gefahr, geächtet zu werden. Auf Parteitagen wie letzthin dem in Halle vermieden es daher die Realos, das Thema auch nur anzusprechen. Selbst der sonst so laute Gregor Gysi wagt nur die schüchterne Andeutung, es müsse sich etwas ändern.

Gemeutert wird ohne Worte. Mal enthält sich die Bundestagsfraktion, mal verzichtet sie auf die öffentliche Debatte. Es ist ein stilles Ringen, der offene Meinungsaustausch fehlt. In der Linkspartei ist das neben der Kuba-Solidarität zweite große Tabu als Gegenstand öffentlicher Diskussion quasi inexistent. Sie folgt arkanen, schwer durchschaubaren Gesetzen, die zu einer demokratischen Partei kaum passen. Eine Debatte muss nicht in die Billigung von Kriegseinsätzen münden. Aber das Thema gehört diskutiert statt verboten.

DANIEL SCHULZ