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Archiv-Artikel

Auswählen, aussortieren

Wie viele Informationen brauchen Journalisten, wie viele brauchen wir?

VON SAMUEL LENNARTZ UND SILVIA VOGELSANG

„Ich war schon immer ein Nachrichtenjunkie“, sagt Lukas Wallraff, der seit drei Jahren Chef vom Dienst bei der taz ist. Vielleicht muss man das für so einen Job auch sein. Denn als Chef vom Dienst darf man keine wichtige Meldung verpassen. Etwa 2.000 Meldungen, die von den unterschiedlichen Presseagenturen kommen, wandern am Tag über Wallraffs Bildschirm. Er muss dann, gemeinsam mit anderen Redakteuren, entscheiden, welchen Themen die taz nachgehen wird.

Dem Informationsbombardement sind nicht mehr nur Redakteur_innen ausgesetzt. Diese Erfahrungen machen alle Bürger_innen, die Zugang zum Internet haben. Das Informationsangebot ist unüberschaubar geworden.

Redakteure wie Lukas Wallraff müssen sich jeden Tag mit dieser Informationsflut auseinandersetzen. Auswählen, aussortieren. Auswählen, aussortieren. Das ist sein Job. Aber wie viele Informationen braucht der Mensch eigentlich, hat er sich jemals darüber Gedanken gemacht?

In diesem Jahr war Wallraff drei Monate in Elternzeit. Informiert hat er sich trotzdem weiter, aber etwas anders: „Ich stand nicht mehr unter dem Druck, alles lesen zu müssen, sondern konnte mir das heraussuchen, was mich interessiert.“ Das waren dann etwas weniger die Eilmeldungen des Tages und etwas mehr die Kulturseiten. Das Internet hat er kaum genutzt. Er findet, dass es gar nicht so einfach ist, dort relevante Informationen zu finden. Gefehlt hat ihm überhaupt nichts, im Gegenteil: „Ich habe es genossen.“

„Zu fragen, ob das Informationsbombardement eine Belastung für mich ist, ist ja, als würde man einen Stahlarbeiter fragen, ob ihm die Hitze am Ofen etwas ausmacht.“ Es gehört zu Julian Webers Beruf, diesem Bombardement standzuhalten. Für das Kulturressort der taz liest er nicht nur jeden Tag die Meldungen der großen deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, er muss auch im Internet nach Informationen suchen. Er findet, dass es dort immer schwieriger wird, die relevanten Nachrichten herauszufischen. „Im Internet reklamieren viele Wichtigkeit für sich, aber ob das auch immer so stimmt, ist mehr als fraglich.“ Wie bedeutend etwas ist, kann letztlich nur jeder Einzelne für sich entscheiden. Eine gute Erfahrung sei es, sich der Informationsflut für eine Weile komplett zu entziehen. „Wenn ich mal ein paar Tage freihabe, dann verzichte ich darauf. Sonst kann ich mich nicht entspannen. Gestern habe ich mir zum Beispiel ein Fußballspiel angesehen.“ Ohne Handy in der Tasche, und auch der Computer war abgeschaltet.