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Archiv-Artikel

Liberalisierung am Gasherd

Frankfurter Energieversorger nutzt neue Freiheiten am Gasmarkt und macht Privatkunden der Stadtwerke Bonn ein Angebot. Der lokale Anbieter reagiert gelassen. Bundesnetzagentur lobt

AUS BONNMARVIN OPPONG

Der NRW-Gasmarkt erlebt etwas Neues: Wettbewerb. Die Mainova AG aus Frankfurt tritt in Konkurrenz zu den Bonner Stadtwerken. Privatkunden in Bonn könnten Gas bei Mainova von diesem Samstag an bestellen, teilte das Unternehmen gestern in Bonn mit. Geliefert werde ab 2007.

Mainova ist damit der erste regionale Versorger, der von der seit diesem Monat bestehenden größeren Freiheit am Gasmarkt Gebrauch macht und über ein Bundesland hinaus expandiert, um dort anderen Stadtwerken Konkurrenz zu machen. „Mit dem Angebot für Bonner Kunden wollen wir uns als einer der Ersten in der Branche diesem Wettbewerbstest unterziehen und beweisen, dass Wechselprozesse möglich sind“, sagte Mainova-Chef Ewald Woste.

Die Mainova AG ist einer der größten regionalen Versorger Deutschlands und beliefert 460.000 Haushalte in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet mit Strom, Erdgas, Fern- und Nahwärme und Wasser. Hauptanteilseigner sind mit 75,2 Prozent die Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH, die wiederum zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Frankfurt ist, und mit 24,4 Prozent die Münchner Beteiligungsgesellschaft Thüga AG.

„Wir haben die Stadt Bonn ausgesucht, weil es sowohl von der Größe, von der Kompaktheit der Vertriebsstruktur und von der Nachfragestruktur her den von uns aufgestellten Kriterien entsprach“, so Woste. Um in den Markt einzusteigen, bietet Mainova das Gas in Bonn zwar zu Preisen an, die nicht nur Gaspreise Mainovas im Frankfurter Raum, sondern auch die aktuellen Preise der Stadtwerke Bonn (SWB) unterbieten. Letztere liegen im bundesweiten Vergleich jedoch relativ hoch. Um den Kunden einen Wechsel von den Stadtwerken hin zu Mainova schmackhaft zu machen, bietet das Unternehmen zudem eine Preisgarantie bis zum 31. Dezember 2007 an. Ob diese darüber hinaus gewährleistet wird, macht die Mainova-Geschäftsführung vom wirtschaftlichen Erfolg des Projekts abhängig.

Nur für Kunden mit einem hohen Jahresverbrauch von 30.000 Kilowattstunden bringt das Angebot eine nennenswerte Ersparnis: 45 Euro gegenüber dem aktuell günstigsten Preis des lokalen Versorgers. Für den Wechsel muss der Kunde eine E-Mail-Adresse besitzen. Für „novagas“ muss er sich online mit seiner Zähler- und Kundennummer des bisherigen Lieferanten anmelden.

Der Mainova-Gaspreis sei frei ausgehandelt worden und wird von Lieferanten zu so genannten virtuellen Handelspunkten geliefert und von dort zum Kunden weitergeleitet. Ein Antrag auf Durchleitung beim Transportnetzbetreiber Eon ist bereits gestellt worden. Ob die Stadtwerke Bonn die Durchleitung nach den geltenden Regeln gewährleisten werden, bleibt abzuwarten. Bisher hat die SWB zugesagt, Anfragen von Mitbewerbern der Bonner auf Durchleitung unverzüglich zu bearbeiten und die Regularien schnellstmöglich abzustimmen.

Die Stadtwerke Bonn reagieren auf die Ankündigung der Frankfurter Mainova gelassen. „Wir wissen, dass der Wettbewerb im Erdgasmarkt jetzt auch bei Haushaltskunden in Gang kommt und sind gut darauf vorbereitet“, so Geschäftsführer Peter Weckenbrock.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen lobte gestern die Bemühungen von Mainova. „Wir finden es natürlich gut, dass der Verbraucher in NRW zum ersten Mal die Möglichkeit haben wird, zwischen alternativen Angeboten zu wählen. Wir hoffen, dass dies nicht das letzte Mal ist“, sagte Thomas Bernhard, Gruppenleiter Energie, Bauen und Wohnen.

Auch von Seiten der Bundesnetzagentur wird die Mainova-Ankündigung positiv aufgenommen. Rudolf Boll, Sprecher der Bundesbehörde: „Wir begrüßen immer mehr Wettbewerb – das ist ja unser Ziel.“