GEHT’S NOCH?
: Auf den Platz!

ROT-ROT-GRÜN IST NICHT NUR TOT: ES IST AUCH LANGWEILIG. UND UNPOLITISCH. ABER ES GIBT ALTERNATIVEN

Letztlich ist es doch so. Alle brauchen eine Pause: Die SPD muss ihr Programm abarbeiten und dann aufpassen, dass sie demnächst – wenn wieder auf Sicht regiert wird – nicht unter Merkels Räder kommt. Die Grünen müssen Leute finden, die so schön süffisant sein können wie Jürgen Trittin und dann aber im entscheidenden Moment auch noch menschelnd eine Wahl gewinnen – und die ihre Vergangenheit in Ordnung haben. Die Linkspartei muss sich entscheiden, ob sie antiimp (Achtung: nur Richtung Westen) bleiben will oder sich auf das Wagnis des Selbstdenkens einzulassen bereit ist.

Das Gebot der Stunde ist also nicht mehr nur, nicht mehr über Rot-Rot-Grün zu reden, sondern auch, nicht mehr daran zu denken. Wer in den nächsten vier Jahren ein echtes Anliegen hat, möge sein Zelt auf einem öffentlichen Platz errichten, Kälte, Hunger und nicht ausschließlich verständnisvolle Anwohner ertragen, dazu Schikanen der Ordnungskräfte und, ja, auch die veganen Essenspenden der Unterstützer. Das ist dann Politik und kein Projekt. Denn Projekte sind da en vogue, wo es kein Bedürfnis gibt.

Und, seien wir ehrlich: Die Skandale, die derzeit in diesem Wir-haben-die-Griechen-zur-Räson-gebracht-Land wirklich nach Klärung schreien, sind im Augenblick eh besser anderswo aufgehoben, zum Beispiel bei der Justiz. Etwa der Fall einer Krankenschwester, die nach über 30 Jahren Schichtdienst (!) von ihrem sogenannten Arbeitgeber für arbeitsunfähig – also arbeitslos – erklärt wurde, weil sie es wegen müde machender Medikamente einfach nicht mehr packte, die Nächte durchzuackern.

„Die Klägerin ist weder arbeitsunfähig krank noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden“, stellte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt klar. Sie könne alle Tätigkeiten einer Krankenschwester ausüben – nur eben nicht nachts. Wirklich gerecht wäre allerdings, wenn die schreckliche Klinikleitung zu mehr als einer Nachzahlung von 6.100 Euro verknackt worden wäre – warum nicht zu einem Jahr verschärftem Oranienplatz.

AMBROS WAIBEL