Rhein abwärts

Das Eishockey im Rheinland kriselt. In Düsseldorf, Köln und Krefeld droht schon vor dem Winter die Eiszeit

KÖLN taz ■ Es ging ganz schön schnell. Gerade einmal ein Dutzend Saison-Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) brauchten die drei großen rheinischen Vereine, um in allerlei Krisen zu stürzen. Da sind zum einen die ruhmreichen Kölner Haie. Nach vier Jahren mit dem hoch bezahlten Tölzer Trainer Hans Zach wählten die Kölner in der Saison 2006/2007 eine kostengünstige Variante: Der achtmalige Eishockey-Meister verpflichtete den weitgehend unbekannten Kanadier Doug Mason für ein Jahr. Der 51-jährige, dessen größter Erfolg als Coach im mehrfachen Fast-Erreichen der Playoffs mit den Iserlohn Roosters besteht, hatte die Kölner Vereinsführung durch ein super-modernes Konzept überzeugt: Mason will die Haie lehren, attraktives Angriffs-Eishockey zu spielen – weg vom effektiven, aber schnörkellosen Defensivsystem seines Vorgänger Zach.

Masons Motto lautet: „Wir müssen immer den Puck jagen“. Im Theorieunterricht beglückt der Coach seine Profis regelmäßig mit einem Gewirr aus Pass- und Laufwegen, die er auf Tafeln malt oder gar per Powerpoint präsentiert. Das hat seine Spieler offensichtlich völlig verwirrt. Beim schmerzhaften 2:4 gegen den Erzrivalen Düsseldorfer EG, am Donnerstagabend vor fast 17.000 Besuchern in der Kölnarena, zeigten die Kölner jedenfalls über weite Strecken weder Plan noch Emotion. KEC-Manager Rodion Pauels stellte fest: „So darf man sich im Derby nicht präsentieren.“ Dies sollte Mason als Warnung verstehen. Viele frustrierende Heimspiele wird sich der Kanadier nicht leisten dürfen – schließlich haben die Haie wöchentlich ihre riesige 18.500-Arena zu füllen.

Auch die Düsseldorfer EG spielt seit Saisonbeginn in einer hochmodernen Halle, dem ISS-Dom im Stadtteil Rath. Das Düsseldorfer Problem: Die Zuschauer haben den Umzug vom traditionsreichen Eisstadion an der Brehmstraße nicht wie gewünscht mitgemacht. Der Schnitt von 6.500 Zuschauern in der 13.400 Besucher fassenden, 72 Millionen teuren Halle, ist enttäuschend. Einerseits liegt dies sicher an der in Düsseldorf weit verbreiteten Brehmstraßen-Nostalgie; dem Gefühl, nur im alten, zugigen Gemäuer könne Eishockey richtig erlebt werden. Andererseits machte die DEG kaum Werbung für ihr neues Domizil. Dazu gibt es am Service im ISS-Dome viel Kritik.

Dafür haben die Düsseldorfer aber nach einhelliger Experten-Meinung neben Mannheim das stärkste Team der Liga. Manager Lance Nethery, der über die besten Nordamerika-Verbindungen in der DEL verfügt, konnte Topspieler wie Torhüter Jamie Storr oder den bulligen Stürmer Charlie für ein Engagement bei der DEG begeistern. „Wir wollen in der Vorrunde zu den vier besten Teams gehören. In den Playoffs sehen wir dann weiter“, sagt Nethery. Das DEG-Konzept geht somit auf, falls schließlich die Güte der Düsseldorfer Mannschaft die Zuschauer in den Dome ziehen wird.

Konzeptionelles Handeln ist bei den Krefeld Pinguinen dagegen noch nicht einmal im Ansätze zu erkennen. Die Mannschaft von Trainer Jiri Ehrenberger hatte vor dem gestrigen Auswärtsspiel vier Pleiten in Serie kassiert. In Krefeld wird gemunkelt, das Team nehme den blassen Coach nicht ernst. Für diese These spricht, dass es Ehrenberger kaum gelingt, seine Profis hinreichend zu motivieren. Denn obwohl für den Meister von 2003 mit Alexander Seliwanow, Ted Dury und Jan Alinc unbestrittene Spitzenkräfte stürmen, haben die Krefelder den zweitschlechtesten Angriff der Liga nach Aufsteiger Straubing. Somit ist Ehrenberger natürlicher Favorit auf den ersten Trainerrausschmiss der Saison – aber, wer weiß, vielleicht wird Mason ihm diesen Rang ganz schnell strittig machen. CHRISTIANE MITATSELIS