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Archiv-Artikel

Weniger Wachstum

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer bremst die Wirtschaft, sagen Konjunkturforscher in einem neuen Gutachten

BERLIN taz ■ Der Aufschwung in Deutschland verliert 2007 deutlich an Fahrt. Das gaben die Konjunkturexperten vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) bekannt. Gestern stellten sie in Berlin ihr neues Herbstgutachten vor. Demnach setzt sich der Abbau von Arbeitsplätzen wegen der erlahmenden Konjunktur spätestens ab Mitte 2007 weiter fort, sagte IMK-Direktor Gustav Horn.

Nach den Berechnungen des IMK wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,3 Prozent in diesem Jahr auf 1,3 Prozent im nächsten Jahr zurückgehen. Schuld an dem Rückgang sei neben der Erhöhung der Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) vor allem die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent ab Januar 2007.

Diese schmälere den Geldbeutel der privaten Verbraucher. Der Konsum wird 2007 dementsprechend um 0,3 Prozent schrumpfen, nachdem er sich 2006 um 0,7 ausgeweitet habe.

Der Verlust an Dynamik werde sich auch auf den Arbeitsmarkt auswirken, prognostizierte Horn. Die Zahl der Arbeitslosen sinke bis Ende 2006 deutlich um etwa 330.000 Personen auf eine Quote von 10,4 Prozent. 2007 werde die Arbeitslosigkeit aber nur noch geringfügig weiter zurückgehen, und zwar auf eine Quote von 10,1 Prozent. In der zweiten Jahreshälfte wird sie wegen der an Dynamik verlierenden Wirtschaft wieder zunehmen.

Durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer nehme die Volkswirtschaft „ einen massiven Blechschaden, der sich nicht so rasch wieder reparieren lässt“, warnte Horn.

Das industrienahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hingegen sieht den Aufschwung nicht gefährdet. Zwar rechnen die Ökonomen für 2007 ebenfalls mit einem geringen Wachstum des BIP von 1,5 Prozent. Aber es handele sich dabei nur um eine „Delle im Aufwärtstrend“.

Die stützende Kraft durch die boomende Weltwirtschaft und die gestiegenen Investitionen aus dem Ausland seien stark genug, um den Aufschwung weiter in Gang zu bringen. Das berichtet das IW vergangene Woche in ihrer Konjunkturprognose für das Jahr 2007.

IMK-Direktor Horn bemängelte, mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer gehe die Bundesregierung ohne Not ein Risiko ein. Das staatliche Defizit würde auch ohne Steuererhöhung deutlich unter der Drei-Prozent-Grenze des Europäischen Stabilitätspakts bleiben.

Nach IMK-Prognose läge das Defizit ohne Erhöhung bei 2,4 Prozent. Durch die gestiegene Steuer sinke es auf 1,5 Prozent. Um einen „konjunkturellen Schock“ zu vermeiden, wäre es vernünftig, auf zwei der drei Prozentpunkte zu verzichten, sagte Horn. MAIKE BRZOSKA