: Castor vor dem Fenster
WOHNHAUS Greenpeace misst bis zu 100-fach erhöhte Neutronen-Strahlung
Am Bahnhof von Dahlenburg im Wendland steckt in der Nacht zum Montag nicht nur der Castor fest. In Sichtweite des Zuges stehen sich mitten auf dem Acker zehn Greenpeace-Mitarbeiter und gut 20 Bereitschaftspolizisten gegenüber. Die Aktivisten wollen zu einem Wohnhaus direkt an den Gleisen, um dort Gamma- und Neutronenstrahlung zu messen.
„Wir sind eingeladen“, rufen sie. Am Sonntagabend war Heinz Smital, Physiker der Energieabteilung von Greenpeace, von Anwohnern kontaktiert worden: Ob er zur Messung kommen könnte, seit Stunden stünde Behälter Nummer 5 direkt vor dem Wohnzimmerfenster. Erstmal ist aber kein Durchkommen. „Auf welcher Rechtsgrundlage?“, fragt der Messtrupp. Darauf weiß die Polizei auch keine Antwort. „Rechtsbeugung“, „Nötigung“, „Gefahr im Verzug“ – die Greenpeace-Aktivisten protestieren. Nach zwei Stunden Beine vertreten ist es plötzlich vorbei. Pikant: Erst der Anruf einer Rechtsberaterin der Einsatzleitung macht den Einsatzkräften klar, dass sie schlicht keinen Grund haben, die Einladung in einen Privathaushalt zu unterbinden. Der Greenpeace-Trupp wird bis zum Wohnhaus der Familie Fink eskortiert.
„Direkt vor dem Wohnzimmer“ hätte überspitzt formuliert sein können – ist es aber nicht. Das Grundstück grenzt unmittelbar an die Schienen, der Castor steht höchstens sechs, sieben Meter entfernt davon. Der Container sieht nach Hochtechnologie aus, der Zugwagen davor mit seinen gelb-blauen Spiralen dagegen eher wie ein Retro-Partywaggon.
Smital und sein Team messen, die Neutronen-Strahlung am Hause Fink ist rund 100-mal höher als normal. Der Greenpeace-Physiker scheucht alle auf die Rückseite des Hauses. Aber auch hier schlägt der Geigerzähler noch übermäßig aus – gut, dass die Anwohner schon zu Beginn der Messblockade ihr Haus verlassen haben. ANWEN ROBERTS