Abschiebung trotz Hepatitis

MIGRATION Einer der Vietnamesen ist schwer krank. Grüne und Pfarrer gegen Abschiebung

Unter den Vietnamesen, die Berlin abschieben will (siehe Text links), ist ein Mann, der laut Krankenakte an einer chronischen Hepatitis C erkrankt ist. Der Mann sitzt bereits in der Abschiebehaft in Grünau. Das erfuhr die taz von dem Jesuitenpater Ludger Hillebrand, der dort Seelsorger ist. Bevor der Vietnamese in den Abschiebeknast kam, verbüßte er rund zwei Jahre Strafhaft in einer Berliner Justizvollzugsanstalt. Nach eigenen Angaben habe er sich die Hepatitis dort geholt. Er sagt, er sei gesund dort eingeliefert worden. Nach mehreren Monaten Haft hätte ein Arzt bei ihm Hepatitis diagnostiziert.

Laut Ludger Hillebrand legt auch die Krankenakte des Mannes diese Version nahe. Hillebrand zufolge wurde die Hepatitis weder in der Strafhaft noch in der Abschiebehaft mit Medikamenten behandelt.

Eine Sprecherin der Justizverwaltung bestätigt dies. Allerdings sei in diesem Fall eine Behandlung der Hepatitis C mit Medikamenten nicht notwendig gewesen. Die für die Abschiebegewahrsam zuständige Polizei will sich aus Gründen der Persönlichkeitsrechte nicht zu dem Fall äußern. Hepatitis ist übertragbar durch Sex, gemeinsam benutzte Spritzenbestecke, aber auch durch mangelnde Hygiene auf der Toilette und beim Geschirrspülen.

Keine Möglichkeit zur Behandlung

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst fordert, „dass der Mann wegen seiner Hepatitis nicht nach Vietnam abgeschoben wird. Als einfacher Bauer hat er dort nicht die Möglichkeit, sich behandeln zu lassen, und würde sterben.“ Auch der grüne Abgeordnete Benedikt Lux spricht von einem Härtefall und fordert, auf die Abschiebung zu verzichten.

Vietnam verfügt nicht über ein solidarisch organisiertes Gesundheitssystem. Wer krank ist, muss zahlen. Wirksame Medikamente gegen Hepatitis gehören nach Angaben des Vereins „Medizinische Hilfe für Vietnam“ nicht zur Standardausstattung vietnamesischer Apotheken, sondern müssen privat und vergleichsweise teuer aus dem Ausland besorgt werden. MARINA MAI