: Grüne fordern Diebstahlsperre für Handys
FUNKLOCH Mobilfunkanbieter sollen bei Verlust nicht nur die SIM-Karte, sondern wie in Großbritannien auch das Gerät selbst sperren. Experten loben den Vorstoß, doch Regierung und Konzerne sträuben sich
BERLIN taz | Handy futsch? Angeblich kennen 14 Millionen Deutsche das Gefühl, dass plötzlich ihr Gerät verschwunden ist. 3,8 Millionen davon waren sich bei einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom sicher: Es wurde ihnen geklaut. Davon jeder siebte Handy-Besitzer wiederum erhielt anschließend nach eigenen Angaben eine höhere Telefonrechnung – jemand hatte wohl auf fremde Rechnung SMS verschickt oder telefoniert.
Bislang können Diebstahlopfer in Deutschland meist nur ihre SIM-Karte vom Netzbetreiber sperren lassen und so verhindern, dass andere auf ihre Kosten telefonieren. Bei manchen Smartphones lassen sich heute auch sensible Daten aus der Ferne löschen. Das Gerät selbst bleibt in der Regel aber voll funktionsfähig – wer eine andere SIM-Karte einlegt, kann es problemlos nutzen.
Das muss sich ändern, findet Bärbel Höhn. „Das Sperrsystem für Mobiltelefone muss in Deutschland Pflicht werden“, fordert die Verbraucher- und Umweltexpertin der Grünen im Bundestag – und verlangt dazu eine gesetzliche Regelung. Verlieren Briten oder Australier ihr Handy, können sie bereits bei ihrem Netzbetreiber anrufen – und das Gerät nutzlos machen. Das geht so: Sie geben ihre 15-stellige Seriennummer, die International Mobile Equipment Identitity, kurz IMEI-Nummer, an. Diese findet sich meist auf der Rückseite der Geräte, verdeckt vom Akku. So kann das Gerät blockiert werden.
Dahinter steckt eine Datenbank, die dem Zentralen Fahrzeugregister in Flensburg ähnelt. „Wird eine zentrale Datei mit den Handy-Seriennummern angelegt, lassen sich geklaute Geräte von den Netzbetreibern sperren“, schlägt Höhn vor. An dieser Sperrliste müssten sich alle Anbieter beteiligen. Technisch sei das machbar, „weil ein Handy ohnehin bei jedem Gespräch die eigene Seriennummer mitsendet“.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält eine Sperrliste „als zusätzlichen Schutz für sinnvoll, und zwar nicht nur für Handys, sondern auch für Tablet-Computer“.
Das Bundesverbraucherministerium ist von dem Vorstoß wenig angetan, dagegen sprächen vor allem „datenschutzrechtliche Gründe“. Wer sein Gerät sperren wolle, müsse klar als Besitzer zu identifizieren sein. Verkäufer, auch private, müssten dafür persönliche Daten speichern und übermitteln. Das berge „Missbrauchspotenzial“.
Höhn hält diesen Einwand für „nicht nachvollziehbar“. Wer einen Handyvertrag abschließe, müsse heute auch schon seine Daten angeben, die Gerätenummer sei bekannt. Der Diebstahlschutz laufe dann wie beim Sperren einer Kreditkarte, bestätigt ein Sprecher von Vodafone. Der zweitgrößte deutsche Handyprovider bietet seinen Kunden bereits die Stilllegung der IMEI-Nummern an – allerdings wird sie nur in Deutschland wirksam. In den „allermeisten Fällen“ würden gestohlene Handys aber nach Asien oder Afrika weitergeleitet, sagt der Sprecher.
Die Telekom äußert sich ähnlich. Ein Firmensprecher sagt: „Das funktioniert nur dann, wenn es eine international angelegte Datenbank gibt.“ Zudem lohne sich der Aufwand bei Smartphones anders als beispielsweise bei Autos nicht. Der Telekom-Mann rät: „Aufpassen! Lassen Sie Ihr Handy wie Ihr Portemonnaie nicht unbeaufsichtigt liegen.“
HANNA GERSMANN