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Archiv-Artikel

berliner szenen Scientific Management

Halloween im KaDeWe

Bekanntlich ist es nie verkehrt, ins KaDeWe zu gehen. Samstagabend überkamen mich allerdings Zweifel an der Richtigkeit der Maxime: angesichts des Oberschichten-Mobs, der im Begriff war, das KaDeWe zu stürmen. Andererseits – muss eine Halloween-Party nicht auch gruselig sein?! Zwar hatte KaDeWe mit hübschen Sensenmännern und besenreitenden Hexen vorgesorgt. Aber der richtige Kick, der kam von uns, den leicht zweitausend Gästen, wie wir uns auf Hummer und Austern stürzten, nicht zu vergessen Kaviar-Blinis samt Sour cream. Und nach drei – oder waren es schon vier? – Gläsern Veuve Cliquot blieben weitere große Erkenntnisse naturgemäß nicht aus.

Zum Bespiel, dass so ein Kurztrip ins Schlaraffenland harte Arbeit ist. Dass man sich aber danach restlos glücklich fühlt. – Wie immer, wenn man seine Arbeit gewissenhaft erledigt hat. Dann die Einsicht, dass unserer Kritik-Serie auf den überregionalen Kulturseiten der Essay zur Gastro-Kritik fehlt. Schließlich ist man nach dem letzten Lenôtre-Törtchen wenigstens so angeregter Stimmung – und zu großen Gedanken bereit – wie nach einem tollen Kino-, Theater- oder Opernbesuch. Und zuletzt die Erkenntnis, warum Dr. Rita Porkorny die ideale Begleiterin war. Schönerweise hat sie über Irene Witte promoviert. Schülerin von Frank Bunker Gilbreth und erste deutsche Spezialistin für Scientific Management. Als Beraterin für das Kaufhaus Israel, später für Wertheim und Hertie, trug sie mit ihren innovativen Ideen wesentlich zur ersten berühmten Berliner Kaufhauskultur bei. Da Leistung bei Frauen nicht zählt, ist ihr Name kein Begriff. Auf diese Debatte, die noch zu führen ist, stoßen wir doch mit einer weiteren Witwe an. Cheers.

BRIGITTE WERNEBURG