Russland will keine verbindlichen Energiegarantien abgeben : Putin lässt EU abblitzen
Eine Energiepartnerschaft wollten die EU-Länder gerne mit Moskau eingehen. Die europäische Energiecharta in Kraft setzen, die seit einem Jahrzehnt unterschrieben in der Schublade liegt. Mit der der Westen neben einer Beteiligung an den Kosten der Öl- und Gasförderung auch einen Zipfel an Kontrolle und Liefersicherheit erhaschen möchte. Deshalb war beim Energiegipfel im finnischen Lahti auch viel von der „gegenseitigen Abhängigkeit“ die Rede. Doch die ist tatsächlich recht einseitig. Klar, man darf es sich wie überall in der Marktwirtschaft nicht ganz mit dem Kunden verderben. Das weiß auch Moskau. Deshalb werden vor der Artischockensuppe auch einige kritische Worte zum Thema Menschenrechte weggesteckt. Geschenkt. Hat der Kunde keine rechte Alternative, ist dieses Ritual bis zur Schokoladenmousse vergessen. Die „Geduld“ der EU mit Russland wird wohl auch in Zukunft nahezu grenzenlos sein.
Russland, Putin und Gazprom werden also weiterhin die Ventile allein auf- und zudrehen. Die Forderung der EU nach verbindlichen Energiegarantien ließ der russische Präsident abblitzen. Warum sollte er auch nicht? „Ganz Europa braucht unsere Energie“, hatte er sich schon beim gemeinsamen Dresden-Besuch mit Bundeskanzlerin Merkel in der vorletzten Woche selbstbewusst vernehmen lassen. Diese felsenfeste Position einerseits und die westliche Impotenz andererseits sind natürlich kein Naturgesetz. Die EU müsste sich nur unabhängig machen von einem solchen Lieferanten. Was nicht von heute auf morgen, aber doch auf übermorgen möglich wäre. Doch was tut man? Die Abhängigkeit für übermorgen auch noch durch neue Gasleitungen verstärkt.
Gelang es der EU, in Lahti zum Thema Energie endlich einmal mit einer Stimme zu sprechen? Diesen Schulterschluss begrüßten zumindest die baltischen Staaten als Erfolg, nachdem sie sich im vergangenen Winter von Brüssel arg im Stich gelassen fühlten, als Moskau an den Ölhähnen zu den Nachbarstaaten drehte. Die EU hat sich jetzt tatsächlich auf eine gemeinsame Linie verständigt. Doch muss diese „neue Einigkeit“ erst noch in der Praxis beweisen, ob sie das Fünf-Gänge-Menü von Lahti überlebt hat. REINHARD WOLFF