: Die Würde des Affenforschers
PRESSEETHIK In einem offenen Brief kritisiert die Uni mehrere Zeitungsverlage – wegen einer Anzeige, die dem Neurobiologen Andreas Kreiter wegen seiner Tierversuche das Menschsein abspricht
Iris Mainka, „Die Zeit“
Mit einem offenen Brief kritisiert der Rektor der Uni Bremen, Bernd Scholz-Reiter, eine Anzeigenkampagne gegen den Hirnforscher Andreas Kreiter. Kreiter würde darin „in seiner Menschenwürde angegriffen“, so Scholz-Reiter. Die Anzeigen, die am 16. April ganzseitig im Weser-Kurier, in der Zeit, der FAZ und dem Tagesspiegel erschienen, richteten sich gegen Kreiters Versuche an Affen. Diese seien „barbarisch“, „ethisch verwerflich“ und „unwissenschaftlich“, heißt es in der Anzeige, die von dem Verein der „Tierversuchsgegner“ verantwortet wird. Sie beginnt mit dem Zitat, „Tierexperimentatoren“ solle man „nicht leichtfertig Menschen nennen“.
Damit sei „die Grenze zulässiger öffentlicher Meinungsäußerung überschritten“, so Scholz-Reiter. Kreiters Forschung sei „Teil des gesetzlichen Auftrags einer Universität“. Seit einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar ist Kreiters Forschung endgültig erlaubt. Scholz-Reiter appelliert nun an die Verlagsleitungen und Chefredaktionen, zukünftig solche Anzeigen nicht mehr anzunehmen.
Weder Weser-Kurier, noch FAZ und Tagesspiegel reagierten bis Redaktionsschluss auf Anfragen der taz. Antwort hingegen kam von der Zeit: Die Anzeige erschien vor Abdruck „zweifelhaft“, erklärte Iris Mainka, Chefin vom Dienst. Laut Zeit-Justiziaren seien keine juristischen Grenzen überschritten worden. „Grenzwertig aber ist ohne Zweifel das persönliche Anprangern des Herrn Kreiter“, so Mainka. „Noch einmal würden wir eine solche Anzeige vermutlich nicht abdrucken.“
Rainer Gaertner, Vereinsvorsitzende der Tierversuchsgegner, sieht die Anzeige von der Meinungsfreiheit gedeckt. Es sei erstaunlich, dass Kreiter so „mimosenhaft“ reagiere, sagte Gaertner zur taz. Zum Vorwurf, der Hirnforscher werde in seiner Menschenwürde angegriffen, sagte er: „Für uns sind das keine Menschen, die das ganze Leben lang Tiere quälen.“ Er kündigte an, dass weitere Anzeige erscheinen werden. JPB