piwik no script img

Archiv-Artikel

Unbeliebte Ziele

Niedersachsens Kulturminister Lutz Stratmann will die Zuwendungen des Landes an die kommunalen Theater deckeln – und bekommt für diesen Plan seit Monaten Gegenwind

Eigentlich hätten die so genannten Zielvereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen und den fünf kommunalen Theatern und den beiden Landesbühnen schon im Frühjahr 2006 unterschrieben werden sollen. Aber die Theater sträuben sich, denn was Niedersachsens Kulturminister Lutz Stratmann (CDU) unterschrieben haben will, bedeutet für die Theater unterm Strich Mittelkürzungen: In den Vereinbarungen steht, dass die Zuwendungen vom Land ab dem 1.1.2007 für fünf Jahre nicht mehr an die Tarifsteigerungen angepasst werden.

Problematisch ist das, weil vor allem im technischen Bereich in den Theatern nach Tarif bezahlt wird. Nach Stratmanns Plänen müssen die Häuser in Celle, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und die beiden Landesbühnen selbst sehen, wie sie die steigenden Personalkosten aufbringen – oder bei den Kommunen anklopfen, was in der Regel aussichtslos ist. Im Theater Osnabrück beispielsweise würden durch die Tarifsteigerungen ab 2008 pro Jahr 135.000 Euro fehlen. Da will das Theater nicht mitmachen, und auch die Stadt nicht: Es gebe einen Ratsbeschluss, die Zielvereinbarungen nicht zu unterschreiben, sagt der kaufmännische Direktor des Theaters, Matthias Köhn.

Was es mittlerweile auch gibt, das ist eine Frist von Stratmanns Ministerium: Bis zum 30. November müssen die Theater unterschreiben, sonst ist die Garantie dahin, dass die Landeszuwendungen in den nächsten fünf Jahren zumindest gleich bleiben. Für Köhn ändert das nichts: „Wir sind überzeugt, dass es sich lohnt, zu kämpfen.“ Auch wenn drei Häuser bereits akzeptiert haben: Das kleine Schlosstheater Celle hat die Zielvereinbarung bereits unterschrieben, heute folgen das Stadttheater Hildesheim und die Landesbühne Hannover. Bei diesen beiden Häusern aber wird demnächst sowieso alles anders: Um dem Spardruck zuvorzukommen, beschlossen die beiden Theater, zu fusionieren. Die erste gemeinsame Spielzeit des beginnt am 1.9.2007.

Wirklich unangenehm werden Stratmanns Pläne vor allem für die größeren Häuser, zumal es in den Zielvereinbarungen auch um ein verändertes, womöglich teuereres Programm geht: Stratmann möchte Abmachungen, dass alle Schüler der 5. und 8. Klassen zweimal pro Schuljahr Veranstaltungen besuchen. Außerdem sollen die Theater innerhalb der fünf Jahre bei mindestens acht Produktionen mit benachbarten Bühnen kooperieren. Andernfalls droht das Land mit einer Kürzung der Zuschüsse um zehn Prozent.

Auf so gar kein Verständnis trifft Stratmann damit auch bei der SPD in Niedersachsen. „Die kommunalen Theater“, sagt die kulturpolitische Sprecherin Christina Bührmann, „bilden das Rückgrat der kulturellen Infrastruktur in Niedersachsen. Ihnen droht jetzt der Abstieg in die Provinzialität.“ KLAUS IRLER