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Archiv-Artikel

Menschenrechtler zweifeln an Bericht des TÜV

RANA PLAZA II Musste die Behörde merken, dass es keine gültige Baugenehmigung gab? Sie sagt Nein

BERLIN taz | Hätte ein Mitarbeiter von TÜV Rheinland India merken müssen, dass das vor einem Jahr eingestürzte Rana Plaza keine gültige Baugenehmigung hatte? Die Behörde hatte nur wenige Monate vorher eine Fabrik in dem Gebäude überprüft. Zweifel an der Güte ihres Berichts äußert nun die Menschenrechtsorganisation ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights), die Arbeitern und Familien juristische Hilfe bietet, die bei dem Unglück verletzt wurden oder Angehörige verloren. Deren Berliner Juristin Miriam Saage-Maaß sagt: „Der TÜV Rheinland hat möglicherweise die Konstruktionsqualität und die Baugenehmigungen des Gebäudes nicht ausreichend kontrolliert.“

Der TÜV Rheinland weist die Zweifel zurück. Seine Mitarbeiter hätten „keine bautechnischen oder statischen Untersuchungen“ vorgenommen, so Sprecher Hartmut Müller-Gerbes. „Dafür sind sie gar nicht ausgebildet. In diesem Bereich sind wir in Bangladesch nicht tätig.“

Ein Vertreter des TÜV Rheinland India besuchte die Textilfabrik Phantom Apparels im Rana-Plaza-Gebäude im Juni 2012. Der BSCI Social Audit Report vom 30. Dezember 2012 liegt der taz vor. Knapp vier Monate später, am 24. April 2013, brach das achtstöckige Gebäude zusammen. BSCI ist der Sozialstandard der freiwilligen Business-Social-Compliance-Initiative, an der fast 1.200 international tätige Firmen teilnehmen.

In dem TÜV-Bericht ging es vornehmlich um Arbeitsbedingungen. Kinder- oder Zwangsarbeit stellte der Auditor nicht fest, die Bezahlung lag über dem gesetzlichen Mindestlohn. Trotzdem lautete das Gesamturteil, dass „Verbesserungen“ notwendig seien. So kümmere sich das Management nicht ausreichend darum, die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken für die Beschäftigten abzuschätzen.

„Allgemeiner Eindruck“

Aber auch der Bauzustand des Gebäudeteils, in dem die Fabrik lag, spielte eine Rolle. Der Bericht benennt die „gute Konstruktionsqualität“. Die notwendigen Genehmigungen lägen vor. TÜV Rheinland sagt: „Der Fokus bei BSCI-Audits liegt auf dem Management, der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen und auf den Arbeitsbedingungen. Bei der Besichtigung eines Betriebes gewinnen die Auditoren nur „einen allgemeinen Eindruck der Räume und des Arbeitsumfelds“.

ECCHR bemängelt unter anderem, dass dem TÜV-Auditor nicht auffiel, dass der Besitzer des Rana Plaza keine gesetzlich gültige Baugenehmigung vorweisen konnte – das hatte eine Untersuchung der eigentlich zuständigen Entwicklungsbehörde von Bangladesch nach der Katastrophe erbracht. Eine Überprüfung der Genehmigungsdokumente sei nicht Gegenstand der Kontrolle gewesen, heißt es dazu beim TÜV. HANNES KOCH