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Archiv-Artikel

Schmerzfreie Trennung

SCHEIDUNG Fünfstellige Euro-Summen geben zerstrittene Paare zum Teil aus, wenn sie vor Gericht um die Scheidung kämpfen. Das muss nicht sein: Finanziell und emotional günstiger ist es, sich im Einvernehmen zu trennen. Doch auch dann entstehen Kosten

Tipps & Tricks

■ Düsseldorfer Tabelle Die Düsseldorfer Tabelle für die Unterhaltsansprüche der Kinder nach einer Scheidung findet sich hier: www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_tabelle/

■ Kostenhilfe Übersteigen die Kosten für Anwalt und Gericht die finanziellen Möglichkeiten eines oder beider Partner, kann man im jeweiligen Bundesland Verfahrenskostenhilfe beantragen. Diese Hilfe können zum Beispiel Erwerbslose oder Rentner in Anspruch nehmen.

VON HANNES KOCH

Ein jahrelanger Prozess, bittere Briefe, schlaflose Nächte – die Zeit des Scheidungsverfahrens erleben manche Menschen als einen Tiefpunkt ihres Lebens. Ohnehin ist die Trennung vom Ehepartner oft äußerst schmerzhaft. Hinzu kommen dann die materiellen Kosten, die die Lebensqualität bedrohen können. In finanzieller Hinsicht haben es die Scheidungswilligen allerdings selbst in der Hand, die Nachteile einigermaßen in Grenzen zu halten. Wenn man trotz der emotionalen Verletzungen in der Lage ist, die gegenseitigen Ansprüche einvernehmlich zu regeln, muss eine Scheidung nicht so teuer sein.

Denn deutlich kostengünstiger als der Streit vor Gericht ist es, möglichst viele Fragen im Gespräch zu klären. „Wer dagegen einen Rosenkrieg führen will, braucht eine gut gefüllte Kriegskasse“, sagt Anette Dieckmann, Fachanwältin für Familienrecht in der Kanzlei Daube & Kämereit.

Der finanzielle Unterhalt für die gemeinsamen Kinder ist beispielsweise ein wichtiger Punkt. Dabei geht es darum, welches der beiden Elternteile später wie viel zahlen muss. Konflikte über diese Frage lohnen sich eigentlich nicht, denn es gibt die sogenannte Düsseldorfer Tabelle, die die genauen Beträge in der Abhängigkeit vom Einkommen der Eltern ausweist. Beim eventuell fälligen Unterhalt des einen Ehepartners für den anderen ist die Recherche ein wenig schwieriger, aber ebenfalls machbar. Hier empfiehlt es sich, im Internet die Leitlinien der jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirke zu studieren.

Wer solche Informationen selbst beschafft, kann Geld sparen. In jedem Fall jedoch ist eine Erstberatung in einer Anwaltskanzlei zu empfehlen. Diese darf laut Rechtsanwaltsvergütungsgesetz höchstens 226 Euro kosten. Über Honorar und Gegenstand der Beratung sollte man eine schriftliche Vereinbarung abschließen. Vermeintlich kostengünstiger sind „Onlinescheidungen“, weil die persönliche Beratung entfällt. Zum Verständnis der komplizierten Materie halten viele Experten ein solches Gespräch aber für sinnvoll.

Der wesentliche Vertrag zur Auflösung der Ehe heißt Scheidungsfolgenvereinbarung. Dieser muss beim Notar geschlossen werden. Darin können grundsätzlich alle finanziellen Fragen geregelt werden, die die trennungswilligen Partner und ihre Kinder betreffen – zum Beispiel der Unterhalt. Auch individuelle Lösungen sind hier möglich: Eltern, die sich nicht hassen, mögen unabhängig von der Düsseldorfer Tabelle vereinbaren, dass sie unbürokratisch jeweils zu gleichen Teilen für die Kosten der Kinder aufkommen.

Die Scheidungsvereinbarung muss außerdem festlegen, wie das während der Ehe hinzugekommene Vermögen aufgeteilt wird. In der Juristensprache heißt dies „Zugewinnausgleich“. „Eine während der Ehe erworbene Eigentumswohnung oder zusätzliche Kapitalvermögen werden halbiert“, erklärt Anwältin Dieckmann. Wenn sich die Partner jedoch nicht streiten, können sie auch andere Vereinbarungen treffen, die von der formalen Halbierung des Zugewinns abweichen.

Ein weiterer Bestandteil ist der Versorgungsausgleich. Dabei geht es um die Aufteilung der Alterssicherung. Wenn ein Ehepartner viel verdient hat und der andere weniger, muss ersterer gewisse Rentenansprüche an den geschiedenen Partner abtreten. Aber auch hier gilt: Wenn die Scheidungswilligen es wollen, können sie im Einvernehmen jegliche gegenseitigen finanziellen Ansprüche für die Zukunft ausschließen.

Wer einen Rosenkrieg führen will, braucht eine gut gefüllte Kriegskasse

Unterstellt, das hinzugewonnene Vermögen beträgt 500.000 Euro, würde die sparsamste Variante der Eheauflösung in dieser Form mit Notarkosten gut 2.000 Euro kosten. Hinzu kommen die Ausgaben für den obligatorischen Scheidungstermin vor Gericht in ungefähr derselben Größenordnung. Mit gut 4.000 Euro wäre der Fall erledigt.

Sehr viel höher dagegen steigen die Ausgaben, wenn die Scheidungswilligen sich streiten und ihren Konflikt vor Gericht austragen. Bei einem zusätzlichen Vermögen von 500.000 Euro und addiertem Nettoeinkommen beider Partner von 5.000 Euro monatlich müssten die Rosenkrieger zwischen 20.000 und 30.000 Euro bezahlen – für die erste Gerichtsinstanz und die Anwaltsgebühren. Reicht dieser Aderlass nicht und wünscht einer von beiden die weitere Klärung in der nächsthöheren Instanz, dürfte mehr als die doppelte Summe fällig sein. Dann können leicht 10 Prozent oder mehr des gemeinsamen Vermögens für Gerichts- und Anwaltskosten draufgehen.

Ist es das wert? Man denke an die psychischen Belastungen, die ein mitunter mehrjähriger Prozess für das ehemalige Paar bedeutet. Der Streit kann auch die neuen Partnerschaften in Mitleidenschaft ziehen. Und natürlich leiden die gemeinsamen Kinder, die in den meisten Fällen Mühe haben dürften, sich dem Konflikt ihrer Eltern zu entziehen.