Auf der sicheren Seite

Azo-Farbstoffe, Weichmacher, optische Aufheller – die Liste der Gefahrenstoffe in Kleidung ist lang. Immer mehr Eltern entscheiden sich deshalb für Ökobabymode. Der Umsatz wächst zweistellig

VON ULRIKE SCHATTENMANN

Die lässige hellblaue Kapuzenjacke ist mit Stoff im Ringelmuster gefüttert, und die orange-rot-pinken Kringel auf dem Kleidchen leuchten wie ein bunte Sommerwiese. Kindermode von Sense-Organics ist fröhlich, bunt, mit frechen Schnitten. Und ökologisch gefertigt. „Wir wollten mit unseren Design das Klischee aufbrechen, dass Naturmode für Kinder immer farblos oder langweilig sein muss“, sagt Gesa Billig, eine der Designerinnen des Labels. Die Ringelstoffe des Labels entstehen in der Werkstatt eines Franziskanerordens in Indien, der sozial benachteiligten Frauen damit ein Einkommen gewährleistet. Die Baumwolle entstammt kontrolliert biologischem Anbau, Chemikalien wie Pestizide, Kunstdünger oder Herbizide kommen nicht zum Einsatz. Ein Label für Gutmenschen, das auch noch lässig und cool ist – die Kollektionen sind regelmäßig auf der Trendmodemesse Bread & Butter zu finden.

Naturtextilien für Kinder sind auf dem Vormarsch: Inzwischen findet man Ökobabymode und Ökoschuhe in jedem gutsortierten Fachgeschäft. Kleidung, die den Ökotex Standard 100 erfüllen, gibt es sogar bei Discountern wie Aldi oder kik. Doch diese Textilien sind alle chemisch gefärbt, gebleicht, veredelt und anschließend so lange gewaschen, bis die Chemie wieder draußen ist. Anders bei zertifizierten Bioprodukten: Hier kommen Chemikalien gar nicht erst zum Einsatz. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit. Und das ist Eltern wichtig. „Die Gesellschaft ist im Wandel. Es gibt einen Trend zum wertorientierten Konsum“, stellt Verena Kuhnert, die Pressesprecherin von Hess Natur, fest. Grund zur Freude bei Deutschlands größtem Naturtextilienversand. Seit Jahren wächst der Umsatz um zweistellige Raten, auch im Segment Babykleidung. Natürlich, das räumt auch Kuhnert ein, sind Strampler von Hess teurer als herkömmliche Babystrampler. Das ist logisch, denn Hess Natur zahlt faire Löhne und Preise für seine kontrolliert biologische Baumwolle, die 40 Prozent über dem des Weltmarktes liegen. Trotzdem: Die Kosten spielen gerade bei Babykleidung eine große Rolle bei der Kaufentscheidung. Schließlich wechselt man bei Babys alle drei Monate die komplette Garderobe aus. Warum also Strampler für 20 Euro kaufen, wenn es auch welche für 8 Euro gibt? Weil in konventionell produzierten Kindertextilien immer wieder gefährliche Inhaltsstoffe entdeckt werden. Ein Drittel der im Mai letzten Jahres von der Zeitschrift Ökotest getesteten Krabbeldecken enthielt gefährliche Schadstoffe, unter anderem die höchst bedenklichen Weichmacher, hochgiftige zinnorganische Verbindungen und krebsauslösende Bestandteile von Azofarbstoffen, sogenannte aromatische Amine. Diese sind in Deutschland bereits verboten. Ökohersteller verwendeten keine kritischen Stoffe. Ihre Decken wurden mit „sehr gut“ bewertet.

Immerhin kamen Babystrampler dieses Jahr bei Ökotest besser weg: bis auf einen, bei dem sich Nickel im textilen Material gelöst hatte, waren alle frei von gefährlichen Schadstoffen. Nickel besetzt seit Jahren den ersten Platz bei der von Dermatologen geführten Hitliste der häufigsten Allergieauslöser. Deswegen hat die Testredaktion auch die Strampler bemängelt, die durchgehende Metallknopfleisten aufweisen. Ein weiteres Manko: Fast alle enthielten umweltbelastende und allergieauslösende optische Aufheller, die für einen strahlenden Weißton sorgen. Fast alle – bis auf die Ökostrampler. „Letztes Jahr hatte ein Naturtextilienhersteller noch Aufheller im Etikett. Er hat inzwischen nachgebessert“ sagt Ökotest-Redakteurin Christine Throl, die den Test betreute.

Farbmittel, die sich mit dem Schweiß aus Textilien lösen und auf die Haut gelangen, können Irritationen wie Brennen, Jucken oder gar Ausschlag verursachen. Das hat Professor Thomas Fuchs, Allergiespezialist an der Göttinger Universitätshautklinik, in seinen Studien über Kontaktallergie beobachtet. Allerdings spielen Farbstoffe als Allergieauslöser bei weitem keine so große Rolle wie etwa Nickel oder Duftstoffe. Dennoch: „Bei der ganzen Chemie, die in Textilien drinsteckt, wundere ich mich, dass da nicht noch mehr passiert“ sagt der Dermatologe. Ein Allergierisiko ist allerdings auch bei naturbelassenen Farben gegeben. Deswegen empfiehlt er, neugekaufte Produkte zu waschen, „insbesondere Baumwolle, denn dort löst sich überschüssige Farbe besonders leicht heraus“. Diesem Rat schließt sich die Ökotest-Redaktion an. Mit einem Hinweis: Bitte auf die Inhaltstoffe im Waschmittel achten. Die enthalten nämlich auch Weißmacher und Duftstoffe.

www.sense-organics.de; www.hess-natur.de; www.oekotest.de