: Unter „Schwarzarbeitern“
HANDWERK VertreterInnen fast aller Parteien waren ins Lidice-Haus gekommen, um über den Meisterzwang zu diskutieren – und zeigten sich erstaunlich offen
Die Runde war fast vollständig: Piratenpartei, SPD, FDP, Linkspartei – sie alle waren gekommen, um am Freitagabend im Lidice-Haus über den Meisterzwang zu diskutieren. Allein das war für den einladenden „Berufsverband unabhängiger Handwerker“ ein Erfolg. Immerhin standen die PolitikerInnen für eine Diskussion vor bekennenden „Schwarzarbeitern“ zur Verfügung. Oder vielmehr: vor „freien Handwerkern“. Denn das ist ihr Problem: Die gelernten Handwerker werden als „Schwarzarbeiter“ verfolgt, wenn sie ohne Meister zu sein einen Betrieb eröffnen. Wohlgemerkt: Obwohl sie Steuern und Sozialabgaben zahlen.
Für 41 Gewerke herrscht in Deutschland noch eine Zulassungsbeschränkung. Den Meisterzwang haben die Nationalsozialisten 1935 wieder eingeführt.
Nicht nur ein anwesender Maler konnte dabei berichten, wie er deswegen mit Hausdurchsuchungen und Bußgelder zu kämpfen hat. Auch Marvin Polllock von den Bremer Piraten streitet seit zwei Jahren um seinen Betrieb: Er flechtet Rasta-Zöpfe, was vom Friseur-Verband als Friseur-Handwerk angesehen wird und deswegen geschützt sei. Pollock will den Meisterzwang abschaffen.
Ähnlich sieht das Claudia Bernhard von der Linkspartei. Sie ging vor allem mit den Handwerkskammern kritisch ins Gericht und zweifelte an deren demokratischen Strukturen.
FDP-Landesvorsitzender Hauke Hilz hingegen erklärte, das „System der dualen Ausbildung hat die deutsche Wirtschaft durch die Krise geführt“ – ein Argument, mit dem auch die Handwerks-Kammern den Meisterzwang retten wollen. Kein Verständnis zeigte Hilz für die aktuelle „Gefahrenbeurteilung“. Denn: Ein Restaurant darf jeder eröffnen, eine Bäckerei nicht. Der Grüne Landesvorsitzende Ralf Saxe setzt deswegen auf eine Evaluierung des Systems, so wie von der EU gefordert.
Für den Bremer SPD-Spitzenkandidat fürs EU-Parlament, Joachim Schuster, ist offen, ob der Meisterzwang bestehen bleiben muss – das aktuelle System aber nahm er erstmal in Schutz. Damit zog er die Kritik der freien Handwerker auf sich. Vielleicht auch, weil die größten Verfechter des Meisterzwanges fehlten: Von der CDU war niemand da. Jpb