Was tun in Hamburg? :
■ Fr, 9. 5. bis So, 1. 6., St. Pauli Theater
Kontrastreiche Kost
Wie kontrastreich Kabarett sein kann, kann man hier erleben: Vom leisesten und langsamsten seiner Zunft, Hagen Rether, der seine Treffer wie beiläufig zwischen verspielten Jazz-Piano-Akkorden landet, bis zum schnellsten Wortstrudler auf deutschen Kabarettbühnen, Mathias Richling, reicht das Programm des diesjährigen Kabarettfestivals im St. Pauli Theater. Zu hören ist aber traditionell nicht nur politisches Kabarett der alten Schule. Neben Klassikern wie Marlene Jaschke und den Geschwistern Pfister sind dabei auch eine Reihe von Newcomern und Grenzgängern zu entdecken: Ennio Marchetto (Foto) etwa erweckt seine Stars ausschließlich mit Pappe und Papier, der Hamburger Damen-Likör-Chor will mit „Sekt, Lachs und Rock ’n’ Roll“ Außentemperatur und innere Einstellung in Einklang bringen.
■ Di, 6. 5., 20 Uhr, Golem
Kreativer Parforceritt
Ungewöhnlich ist das Projekt Eisenrot der zwei Jazz-Posaunisten Heinz-Erich Gödecke und Christophe Schweizer. Zwei Bläser treffen auf zwei Bassisten und zwei Schlagzeuger, allesamt eigenwillige Musikerpersönlichkeiten mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Spielweisen: Zwei Trios als Sextett, die sich im gegenseitigen Wechselspiel vorantreiben. Dabei kommt eine ganze Menge an Spannung zusammen: Free Jazz und Neue Musik, Jazzgeschichte und Avantgarde, Komposition und Improvisation, hyperaktive Brachialität und subtile Konzentration, Gruppendynamik und solistische Ausreißer. Ein kreativer Parforceritt durch unvermessene Freiräume und neue Klangdimension, voller Überraschungen, ungeschönter Brüche und halsbrecherischer Wendungen.
■ Do, 8. 5., 20.30 Uhr + Fr, 9. 5., 19 Uhr, Thalia Gaußstraße
Sinti-Schwerpunkt
An zwei Abenden beschäftigt sich das Thalia in der Gaußstraße mit Sinti in Hamburg. Am Donnerstag ist das Ensemble des Saxofonisten Kako Weiss zu Gast und spielt seine Mischung aus Sinti-Swing, US-Jazz und argentinischem Tango Nuevo. Am Freitag ist Christiane Richers, auf Gesprächen mit Angehörigen der Familie Weiss basierendes, biografisch-fiktives Klassenzimmertheaterstück „Spiel Zigeunistan“ über junge Sinti aus Hamburg zu sehen. Darin macht sich Letscho auf die Suche nach seinem verschwundenen Neffen Wolkly. Nachdem er ihn knapp verpasst hat, erzählen beide von sich und den Vorurteilen, mit denen sie leben müssen. Anschließend diskutieren Richers und Dramaturgin Anne Rietschel mit Darsteller Rahul Chakraborty und Kako Weiss.
■ Premiere: Sa, 3. 5., 20 Uhr, Thalia Theater
Fraktus-Fakten
Gibt es sie nun oder nicht? Und wer hat eigentlich wen erfunden? So ganz sicher sind sich auch Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jacques Palminger alias Torsten Bage, Dickie Schubert und Bernd Wand – beziehungsweise Studio Braun alias Fraktus – nicht: Wie und wo lassen sich hier noch Fiktion und Realität, Rolle und Identität auseinanderhalten respektive zusammenbringen? Nach erfolgreicher Mockumentary, einem Album und einer ausverkauften Tour der lange vergessenen Techno-Erfinder steht nun das Theaterstück an: „Tonight: Fraktus“. Beziehungsweise: Das inszenierte erste Konzert der Comeback-Tour. Vor allem aber soll „Tonight: Fraktus“ all das, was sich an Dramatischem und Wahnsinnigem vor, hinter und unter der Bühne abspielt, auf die Bühne zerren und ausstellen. MATT