Die CDU bellt bloß, aber sie beißt nicht

SPD-STREIT UM LANDESVORSITZ

Vorgezogene Neuwahlen würden für die CDU nur bedeuten: früher wieder in die Opposition

Manchmal braucht man so etwas als kleinerer Koalitionspartner: das Gefühl, überlegen zu sein. Nicht überraschend also, dass die CDU sich nun, nach den Querelen um den SPD-Parteivorsitz zwischen Landeschef Jan Stöß und dem Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh, genüsslich-besorgt über die Zustände bei den Sozialdemokraten äußert. Die CDU will nach manchen Nackenschlägen mal austeilen.

Denn es ist noch gar nicht lange her, dass die Sozialdemokraten CDU-Chef Frank Henkel auflaufen ließen, als der im Januar für seine lange bekannten Pläne für eine Räumung des Oranienplatzes das Okay des Senats haben wollte. Wochenlang hatte Henkel das angekündigt, kein führender SPDler gab ihm zuvor klar zu verstehen, dass er damit nicht durchkommen würde. Nach der Schlappe im Senat war Henkel blamiert.

Nun kann die CDU öffentlich über die SPD lästern, und dass die Regierungsarbeit unter dem internen Konflikt zwischen dem Partei- und dem Fraktionvorsitzenden nicht leiden dürfe.

Profit kann die CDU daraus jedoch nur begrenzt ziehen: Zwar liegt sie auch in der jüngsten Meinungsumfrage mit 29 Prozent weit vor der SPD mit nur 23 Prozent. Doch selbst wenn die nächste Abgeordnetenhauswahl genau so ausgehen sollte: das Rote Rathaus könnte die CDU nur mit einem Bündnis mit den Grünen übernehmen – was eher unwahrscheinlich ist.

Mitregieren könnten die Grünen nämlich auch in einem rot-rot-grünen Bündnis, das dem Bundestrend entspräche. Die SPD wiederum dürfte kein Interesse daran haben, als dann kleinerer Partner der CDU zum Einzug ins Rote Rathaus zu verhelfen, wenn sie bei einer rot-rot-grünen Koalition weiter den Regierungschef stellen kann.

Vorgezogene Neuwahlen würden für die CDU nur eins bedeuten: dass sie früher wieder in der Opposition landet. STEFAN ALBERTI