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Archiv-Artikel

IST EIN MODELLPROJEKT FÜR ELEKTROAUTOS SINNVOLL? Von oben verordnet

Autofreier Helmholtzplatz

VON NINA APIN

Sie wohnen in Prenzlauer Berg, im dicht besiedelten Helmholtz-Kiez? Und Sie haben sogar ein Auto? Dann wird es höchste Zeit, an Ihrem Umweltbewusstsein zu arbeiten! Wir helfen Ihnen gern dabei. Ungefähr so stelle ich mir den Dialog zwischen einem Bewohner und dem Grünen-Stadtrat Jens-Holger Kirchner vor. Nur, dass Kirchner vermutlich etwas von „Zukunftslabor“ und „einzigartiger Chance“ erzählen würde, die das geplante „Eco Mobility Festival“ für den Kiez brächte.

Keiner fragt die Leute

Einen Monat lang sollen rund 20.000 Anwohner ihre Autos auf einen Sammelparkplatz stellen und statt dessen Carsharing-Elektroautos oder E-Räder nutzen. Was als mutige Vision für die Stadt von morgen angepriesen wird, ist in Wirklichkeit weltfremd und bevormundend. Wie kann es sein, dass ein Stadtrat ein Gebiet für einen Öko-Modellversuch bestimmt – und die Einwohner nicht fragt, ob sie dabei mitmachen wollen?

Mag sein, dass das Elektroauto bekannter gemacht werden muss, um sich durchzusetzen. Mag auch sein, dass die Besserverdienenden, die sich die teuren Gefährte leisten können, gerade im Helmholtz-Kiez anzutreffen sind. Aber rechtfertigt das einen massiven Eingriff in den Alltag Tausender Stadtbewohner? Rund 3.500 Autos sollen dort registriert sein. Man stelle sich vor, wie es Montag früh aussieht, wenn all diese Autobesitzer sich gleichzeitig auf Elektroautos, E-Räder, Taxis und Straßenbahnen stürzen.

Ein Monat ohne Auto

■ Wenn es nach Jens-Holger Kirchner (Grüne) geht, dann sollen rund um den Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg im Mai 2015 keine Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotoren fahren dürfen. Der Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung will das Modellprojekt heute auf der Sitzung des Bezirksamts vorstellen. Zugelassen wären nur Fahrräder oder Elektroautos. Die Anwohner müssten ihre Privat-Pkw außerhalb des Gebiets auf einem bewachten Parkplatz abstellen. Ob Kirchner damit durchkommt, ist fraglich: Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) hält nichts von dem Vorschlag.

Bericht SEITE 8

Eine gute Planung wird diese Probleme vielleicht in den Griff kriegen. Die eigentliche Frage ist aber, warum man eine Utopie per Zwangsbeglückung durchsetzen muss – und damit Gefahr läuft, der eigentlich förderungswürdigen E-Technologie Antipathien zu verschaffen.