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Archiv-Artikel

„Kriminelle Ausländer raus!“

SCHWEIZ Sieg der rechtskonservativen SVP: Eidgenossen stimmen bei einem Referendum für eine Verschärfung des Ausländerrechts – automatische Ausweisung jetzt möglich

Die SVP appellierte für ihre Vorlage an das Heimatgefühl und Ängste unter Wählern

ZÜRICH rtr/dpa | Ein Jahr nach dem Bauverbot für Minarette haben die Schweizer am Sonntag in einer Volksabstimmung schärfere Regelungen für die Ausweisung straffälliger Ausländer beschlossen. 52,9 Prozent der Wähler stimmten einer von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) vorgeschlagenen Verfassungsänderung zu. Diese sieht die automatische Ausweisung von Ausländern vor, wenn sie wegen bestimmter Straftaten verurteilt wurden. Die Liste der Delikte umfasst nicht nur Vergehen wie Mord, Vergewaltigung und Einbruch, sondern auch Sozialhilfebetrug.

47,1 Prozent erreichte nach Auszählung aller Stimmen der moderatere Gegenvorschlag der Regierung. Dieser lief ebenfalls auf eine Verschärfung hinaus, verzichtete aber auf einen Automatismus. Maßgebend für eine Ausweisung sollte die Schwere einer Tat sein, und die Behörden sollten die Umstände des Einzelfalles stärker berücksichtigen.

Nach Ansicht der Regierung verstößt eine automatische Ausweisung gegen Verträge mit der EU und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, da etwa das Alter eines Täters oder die Menschenrechtslage in dessen Heimatland nicht berücksichtigt werden. Nun muss das Parlament eine Liste erarbeiten, bei welchen Delikten die automatische Abschiebung greifen soll. Dies kann nach Angaben von Parlamentariern noch einige Jahre dauern.

Die SVP hatte für ihre Vorlage an das Heimatgefühl und die Ängste unter Wählern appelliert. Ein Plakat zeigte ein weißes Schaf, das einen schwarzen Artgenossen von der Schweizer Nationalfahne kickt. In einer ersten kritischen Stellungnahme sprach die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) davon, dass mit der Annahme der Änderung die ausländische Bevölkerung in der Schweiz „schwer beleidigt“ worden sei. Fast ein Viertel der gesamten Bevölkerung der Schweiz werde unter Generalverdacht gestellt, das Bild der Schweiz in der Welt weiter beschädigt.

Nach Einschätzung von Experten wird die bisherige Zahl von rund 400 Ausschaffungen pro Jahr durch die verschärften Regeln auf rund 1.500 steigen.

Laut einer Hochrechnung lehnte eine Mehrheit von rund 60 Prozent ebenfalls am Sonntag eine Steuererhöhung für Reiche in Schweizer Steueroasen ab. Die von den Sozialdemokraten (SP) eingereichte „Steuergerechtigkeits-Initiative“ sah landesweit einheitliche Mindeststeuern für Einkommen über 250.000 Franken (190.000 Euro) und Vermögen über 2 Millionen Franken vor. Das hätte in Niedrigsteuerkantonen wie Zug, Schwyz oder Nidwalden Steuererhöhungen für Reiche notwendig gemacht.

In der Schweiz liegt die Einkommensteuerhoheit bei den Kantonen und Gemeinden, die sich zum Teil einen Wettbewerb mithilfe möglichst niedriger Steuern liefern. Die Wirtschaftsverbände waren gegen die SP-Initiative Sturm gelaufen, und bekannte Unternehmer hatten mit Wegzug gedroht. Gegner der Initiative hatten erklärt, eine Annahme werde aus steuersystematischen Gründen auch höhere Steuern für den Mittelstand nach sich ziehen.