: Viel heiße Luft auf Weltklimagipfel in Nairobi
6.000 Delegierte beraten über Klimaschutz. Doch die Zukunft des Kioto-Protokolls wird dort wohl ungeklärt bleiben
NAIROBI taz ■ Halbzeit der UN-Weltklimakonferenz in Kenias Hauptstadt Nairobi: Am Samstag haben dort tausende Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert. Doch hinter den Kulissen lassen die dafür nötigen Lösungen auf sich warten. Entsprechend skeptisch äußert sich Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariats: „Ich kann nicht sagen, ob es möglich sein wird, eine Vereinbarung zu erreichen.“
Baustelle Nummer 1: das Kioto-Protokoll selbst. Darin ist festgelegt, dass auf der Konferenz in Nairobi überprüft wird, ob die Klimaziele mit den festgelegten Regelungen auch tatsächlich erreicht werden.
Brasilien setzte sich dafür ein, die Frage gar nicht ernsthaft zu behandeln. Die Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre sei „Angelegenheit der Industriestaaten“, also müssten diese auch für ihre Senkung sorgen, so der Chefdiplomat.
Diese Haltung sorgte bei vielen anderen Delegationen für Unmut. Norwegen und Japan argumentierten dagegen, dass die meisten der im Kioto-Protokoll beschriebenen Mechanismen noch gar nicht umgesetzt seien. Der Zertifikatshandel zwischen den Staaten etwa soll 2008 beginnen.
Baustelle Nummer 2: die Anschlussregelung des 2012 auslaufenden Kioto-Vertrags. Darin hatten sich 35 Industrienationen verpflichtet, ihren Ausstoß von Treibhausgasen um etwa 5 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Heute ist klar, dass dies für einen wirksamen Klimaschutz zu wenig ist.
Streit gibt es deshalb auch unter den Industrieländern. Während die EU eine 30-prozentige Reduktion der Treibhausgase bis 2020 anbieten will, lehnt Japan dies mit dem Verweis auf die Schwellenländer ab. „Japan argumentiert, dass die Ausstöße von Brasilien, China und Indien derart schnell wachsen, dass ohne Beiträge dieser Länder die eigenen Anstrengungen zwar erheblich kosten würden, aber dem Weltklima nichts bringen“, sagt Gabriela von Goerne, die als Klimaexpertin von Greenpeace die Konferenz beobachtet. „Und mit dieser Argumentation hat Japan natürlich nicht Unrecht“, so die Klimaexpertin Goerne.
Baustelle Nummer 3 ist der Anpassungsfonds für arme Länder. Der sollte eigentlich in Nairobi mit bis zu 400 Millionen Dollar an den Start gebracht werden. Australien erklärte jedoch, die Entwicklungsländer würden schon genug vom Kioto-Protokoll profitierten. Statt des Fonds seien bilaterale Partnerschaften wichtiger – eine Haltung, die unter Konferenzteilnehmern allgemeines Kopfschütteln auslöste.
Gestern immerhin ging es völlig konfliktfrei zu: Die Klimakonferenz machte Sonntagspause, die Diplomaten gönnten sich einen freien Tag. NICK REIMER