: Grüne erwärmen sich für Autobahnbau
VERKEHR Die Grünen in Schleswig-Holstein lehnen die Autobahn A 20 und einen Elbtunnel nicht mehr grundsätzlich ab. Ihr Motiv: Sie wollen weiter regieren und brauchen Koalitionspartner
Von einem Kurswechsel will Andreas Tietze nicht reden. Der Fraktionsvize und Verkehrspolitiker der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag spricht lieber von „einem pragmatischen Weg“, wenn er die neue Position seiner Partei zum Weiterbau der Küstenautobahn A 20 samt Elbtunnel bis nach Niedersachsen erklären soll. Denn beides lehnt die Öko-Partei nicht mehr grundsätzlich ab, hat sie am Sonntag auf einem Parteitag beschlossen. Der Titel des ohne Gegenstimme angenommenen Antrags lautet: „Der Weg nach Westen“.
Die Grünen fordern jetzt eine „ergebnisoffene Debatte“ über eine westliche Umfahrung Hamburgs, möglichst unter Ausbau bestehender Bundesstraßen und gerne mit Elbfähren an der Elbmündung zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven sowie nahe Hamburg zwischen Wedel und Jork. Es gebe Verkehrsprobleme, räumt Tietze ein, „und für die müssen wir als Regierungspartei Lösungen suchen“. Das sei, sagt Tietze, „Bewegung im Denken“.
Der Hintergrund für die neue Sichtweise ist, dass die Grünen weiterhin regieren wollen. In drei Jahren steht die nächste Landtagswahl an, und sie sind als einzige regierungswillige Partei gegen neue Autobahnen. Die jetzigen Koalitionspartner SPD und SSW wollen die A 20, die oppositionellen CDU und FDP ebenfalls – da gäbe es manche Machtoption ohne grüne Mitwirkung, befürchten Parteistrategen.
In den aktuellen Koalitionsvertrag haben die Grünen hineinschreiben können, die A 20 nach Westen nur bis zur Nord-Süd-Autobahn A 7 zwischen Hamburg und Flensburg zu bauen. Wegen eines gerichtlich verhängten Baustopps ist selbst das zurzeit fraglich. In neuerlichen Koalitionsverhandlungen müssten die Grünen potenziellen Bündnispartnern aber entgegenkommen – oder eine Zusammenarbeit an der A 20 platzen lassen. Jede andere Koalition aber würde die Asphaltpiste bauen, gewonnen wäre nichts. Deshalb müssten die Grünen aus der „Verhinderungsposition“ herauskommen, wie Umweltminister Robert Habeck es nennt. Damit sie 2017 nicht einsam auf der politischen Standspur zurück bleiben. SVEN-MICHAEL VEIT