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Archiv-Artikel

Kein Journalismus aus der Dose

CROWD-FUNDING Das geplante Onlinemagazin „Krautreporter“ verspricht unabhängigen und tiefgründigen Journalismus – Konzept und konkrete Umsetzung bleiben aber vage

Ein neues Projekt auf Kollegenschelte aufzubauen, ist nicht nur befremdlich. Auch ist das neue Modell seltsam inkonsequent

VON DANIEL BOUHS

Gebt uns 5 Euro im Monat und ihr bekommt tiefgründigen Journalismus, ganz ohne die lästige Werbung im Netz: Das ist die Idee hinter dem geplanten Onlinemagazin „Krautreporter“, das seit Dienstag Nutzer für sich gewinnen will. Machen 15.000 von ihnen mindestens ein Jahr lang mit, legen die Medienmacher los. Aber nur dann. Einen Monat geben sie sich, um die Kohle zusammenzubekommen.

„Krautreporter“, das war bis Anfang dieser Woche noch ein Portal, das findige Medienmacher und interessierte Mediennutzer zusammenbrachte – eine Art Börse für journalistische Projekte jenseits klassischer Verlage und Sender. Einiges hat geklappt, von Büchern über Recherchereisen bis hin zu Videoprojekten. Nun bemüht sich das Portal gut zwei Dutzend Journalisten eine Plattform zu bieten.

Mit dabei sind nur wenige bekannte Gesichter, darunter der Medienkritiker Stefan Niggemeier, einst fest bei der „Sonntagszeitung“ der FAZ, dann beim Spiegel, nun auf eigene Faust unterwegs. Vor allem versammelt die avisierte Redaktion den Nachwuchs. Ihr gemeinsamer Slogan: „Der Onlinejournalismus ist kaputt.“

Tatsächlich sprechen die „Krautreporter“ in einem Video und ein paar erklärenden Zeilen wahre Probleme an: Die Geschäftsmodelle in der klassischen Verlagslandschaft stehen und fallen oft mit dem Anzeigenvolumen. Vor allem im Netz fehlt erschreckend oft die Zeit für eigene Recherche und ausgeruhte Beobachtung. „Vielen Medien sind Klicks wichtiger als Geschichten“, mahnen die Revolutionäre zu Recht.

Wer bei „Krautreporter“ mitmacht, wendet der klassischen Verlagslandschaft damit den Rücken zu. „Am Ende wird eine Zeitung dafür gemacht, dass der Anzeigenkunde happy ist und nicht der Leser“, sagen sie etwa in ihrem Promo-Video. Da ist oft etwas dran und trotzdem ist das eine ziemliche Anmaßung. Sie suggeriert: Wer kein „Krautreporter“ ist, dem fehlt die journalistische Unabhängigkeit.

Nun ist nicht nur die Idee, ein neues Projekt auf Kollegenschelte aufzubauen, ziemlich befremdlich, sondern das neue Modell auch seltsam inkonsequent. Die 5 Euro im Monat sollen die „Krautreporter“-Fans nämlich allein dafür hinblättern, die Geschichten kommentieren und direkt mit der Redaktion in Kontakt treten zu können, etwa auf offenen Redaktionskonferenzen, Lesungen und Ausflügen.

Ja, tatsächlich: Ausgerechnet die, die sich über die teils dürftigen Konditionen im digitalen Journalismus mokieren, wollen die Kostenlosmentalität mit eigenen Inhalten befeuern. Auf Reichweite etwa in sozialen Netzwerken will „Krautreporter“ nicht verzichten.

„Krautreporter“ verdient dennoch Sympathie. Sie wollen nämlich nicht nur mit der Abhängigkeit von Anzeigen brechen, sondern auch das Grundrauschen im Netz aufbrechen. Statt Nachrichten, Pflichtprogramm und Hypes wollen sie allein das Besondere liefern, die eigenen Ansätze, Zugänge und Themen.

Was genau zu erwarten ist, lassen die Macher aber ziemlich im Vagen. Das Projekt steht und fällt mit dem Vertrauen in die einzelnen Köpfe, darunter Jens Weinreich (Sportpolitik), Thomas Wiegold (Verteidigung), Peer Schader (Medien und Handel) und Andrea Hanna Hünniger (Kultur und Gesellschaft). Große politische Autoren sind nicht dabei. Die 60 Euro, die Fans im Jahr hinlegen sollen, sind Wagniskapital: Was am Ende rauskommt, ist völlig unklar.