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Großrazzia in Köln

Staatsanwaltschaft fahndet bei städtischen Unternehmen nach „Lustreisen“ von Aufsichtsratsmitgliedern

KÖLN taz ■ Die Kölner Staatsanwaltschaft fahndet jetzt auch in der Domstadt nach „Lustreisen“ von Aufsichtsräten. Zahlreiche städtische Gesellschaften erhielten gestern ungebetenen Besuch. Bei der Grossrazzia beschlagnahmten die Ermittler Unterlagen bei den Kölner Verkehrsbetrieben, der Häfen und Güterverkehr Köln AG, der GAG Immobilien AG, der AWB Abfallwirtschaftsbetriebe und der Rhein-Energie AG.

Besonderes Interesse besteht an Aufsichtsratsreisen unter anderem nach Athen, Florenz, Paris und Moskau. Sie sollen „zumindest teilweise privaten Charakter“ gehabt haben, wurden aber trotzdem vollständig aus den Mitteln der jeweiligen Gesellschaft bezahlt. „Wir werden die Unterlagen jetzt auswerten, um festzustellen, wer an den Fahrten tatsächlich teilgenommen hat“, sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld der taz. Gegen diese Reiselustigen sollen dann Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Betroffen sein dürften mehrere Dutzend Kölner Politiker, darunter wohl auch ein Landtagsabgeordneter. Noch jedoch richtet sich der Anfangsverdacht der Untreue nur gegen bisher namentlich nicht bekannte Mitglieder von Aufsichtsräten und Geschäftsführer der jeweiligen Unternehmen.

Einen hohen privaten Anteil des Reiseprogramms hatten zuvor bereits die Finanzbehörden festgestellt und deswegen angekündigt, von den einzelnen Teilnehmern Steuernachzahlungen einzufordern – in Höhe von insgesamt 280.000 Euro, wie es heißt. Der Kölner Stadtrat beschloss demgegenüber in nichtöffentlicher Sitzung am 22. Juni dieses Jahres, dass die einzelnen Unternehmen, die schon die Reisen bezahlt hatten, auch die privaten Steuerverbindlichkeiten übernehmen sollten. Auch das war wohl rechtswidrig: „Da sollte wohl eine Untreue mit einer weiteren Untreue geheilt werden“, so ein Ermittler. PAB/FÜB

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