: Wie Arte, nur fürs Radio
Mit einem Kulturkanal will die Schwankhalle das Radio machen, das man bei Radio Bremen „so nicht mehr findet“
Es ist ein Radio für Menschen, die sonst eigentlich kein Radio hören. Zum Beispiel, weil ihnen der Frühstücksfunk der Privatsender irgendwie zu bunt, zu wortkarg, zu gut gelaunt, zu chartslastig ist. „Schwankungen“ heißt das Projekt – ein tägliches Radioprogramm, live aus der Bremer Schwankhalle.
Seit Anfang November ist dieser „offene Kulturkanal“ auf Sendung, vorerst noch bis Ende des Jahres. Fünf Stunden wird täglich gesendet, zumeist live, und das schon ab sechs Uhr morgens. Zudem gibt es mittwochs und donnerstags zwischen 22 und ein Uhr ein Nachtprogramm.
Zu empfangen ist das Ganze auf der Frequenz des Offenen Kanals (UKW 92,5 MHz) sowie als Internet-Livestream. Auch einen Podcast im mp3-Format kann man sich aus dem Netz herunter laden – „bis vor drei Monaten wusste ich noch gar nicht so recht, was ein Podcast ist“, sagt Eva Oelker, eine der OrganisatorInnen des Projekts.
Zu hören sind unter anderem Mitschnitte aus dem Programm der Schwankhalle, Lesungen beispielsweise. Außerdem gibt es in der Reihe „Kulturköpfe“ Portraits von Menschen, die bei den Kulturschaffenden sonst hinter den Kulissen arbeiten: Der Hals-Nasen-Ohrenarzt der SchauspielerInnen des Bremer Theaters etwa, oder die ehrenamtliche Verkäuferin der Kunsthalle. „Wir produzieren keinen Service und kein Inforadio“, heißt es in dem Konzept – „und vorläufig auch kein Wirtschaftsprodukt“. Finanziert wird das einst für die Kulturhauptstadt-Bewerbung gegründete Projekt mittlerweile vom Kultursenator.
Wie viele Menschen es hören, bleibt unklar, denn anders als bei den kommerziellen Sendern lässt sich die Reichweite im Bürgerfunk nicht ohne Weiteres messen. „Wir wissen noch nichts über unsere Hörer“, sagt Oelker.
Darauf kommt es ihr aber auch gar nicht so sehr an. Hauptsache ist erst einmal, dass das Radio überhaupt läuft. Eine „Testreihe“ nennt Oelker das Projekt, eine „Ideenwerkstatt für neue Formate“.
Das Konzept will an die „alte Stärke“ von Radio Bremen anknüpfen, „als medialer Trendsetter programmatische Innovationen entwickelt zu haben“ – das erste Kulturradio in den 80ern etwa. „Wir wollen etwas versuchen, was es noch nicht oder nicht mehr gibt in den Medien“, sagt Oelker.
Was im kommenden Jahr aus den „Schwankungen“ wird, ist noch unklar, bislang fehlt es noch am Geld. Und ein eigener Radiosender, eine eigene Frequenz ist nicht das Ziel – „das könnten wir im Moment gar nicht stemmen“, sagt Oelker. Und so wollen die Schwankhalle auch dem Offenen Kanal keine Konkurrenz machen. Die eigene Motivation sei ohnedies eine „künstlerische“, sagt Oelker: „Es geht uns nicht darum, dass hier alle Leute Radio machen dürfen.“ Sondern darum, „Bedürfnisse“ zu wecken. Jan Zier