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Archiv-Artikel

Länder wollen kein Geld für Ganztagsschulen

Vor allem CDU-Kultusminister rufen die Mittel gar nicht ab, mit denen der Bund den Pisa-Schock überwinden wollte

BERLIN taz ■ Sie sollte neue Lehrmethoden möglich machen, die soziale Kompetenz der Schulkinder stärken, für eine bessere Ernährung sorgen und die Berufstätigkeit der Eltern erleichtern – das Modell Ganztagsschule weckte einst viele Hoffnungen. Für die rot-grüne Bundesregierung und viele Pädagogen war sie die Antwort auf den Pisa-Schock. Vier Milliarden Euro stellte der Bund den Ländern und Kommunen 2003 für den Ausbau ihrer Schulen zur Verfügung.

Jetzt, nach gut drei Jahren, macht sich Ernüchterung breit. „Die Hoffnung auf einen zügigen Ausbau der Schulen und auf eine Sogwirkung, die Investitionen der Länder nach sich zieht, ist enttäuscht worden“, sagt Priska Hinz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Der Grund: Viele Länder rufen die Fördermittel, die ihnen zustehen, gar nicht ab. Wie der Berliner Tagesspiegel unter Berufung auf eine Übersicht des Bundesfinanzministeriums berichtete, werden von den 3,3 Milliarden Euro, die bis 2009 zur Verfügung gestellt werden, bis zum Jahresende 2006 gerade einmal 1,6 Milliarden bei den Schulen angekommen sein.

Während die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin ihren Anteil an der Förderung vergleichsweise gut ausschöpfen, hinken andere Flächenländer hinterher. So forderten Hessen und Brandenburg noch nicht einmal 30 Prozent der Gelder ein, die ihnen zustehen. „Hier wird Sand ins Getriebe gestreut“, stellt Hinz fest. Gerade die unionsregierten Hessen, Bayern und Baden-Württemberg hätten sich aus ideologischen Gründen gegen die Ganztagsschule gestellt. Durch komplizierte Antragsverfahren werde den Schulen die Umstellung erschwert.

Wie das Programm auch in Westdeutschland funktionieren kann, zeigt Rheinland-Pfalz. „Wir haben schon vor der Einführung der Bundesförderung ein eigenes Projekt gestartet“, erklärt Vera Reis vom Bildungsministerium in Mainz, „und wir haben einhundert Prozent der anfallenden Personalkosten übernommen.“ So sind in Rheinland-Pfalz in der letzten Legislaturperiode 360 neue Ganztagsschulen entstanden. Seinen Anteil an der Bundesförderung in Höhe von 198 Millionen Euro hat das Land voll abgerufen.

CHRISTOPH GERKEN